Haftungsrisiken des Geschäftsführers bei der Stellung von Sicherheiten an Banken und der Gewährung von Darlehen innerhalb einer Unternehmensgruppe

Für Geschäftsführer mittelständischer Unternehmen, die meisten gegründet in der Rechtsform der GmbH oder GmbH & Co. KG, sind Bankgeschäfte oder auch die Vergabe oder Aufnahme gruppeninterner Darlehen häufig normaler Bestandteil ihrer Arbeit. Die Risiken, die mit dieser Praxis einhergegangen sind, sind dabei den meisten Geschäftsführern unbekannt.
Die Grundproblematik

Die Finanzierung einer Unternehmensgruppe erfolgt häufig durch die Vergabe interner Darlehen, unter Umständen auch im Rahmen von Leistungsbeziehungen, oder aber durch die Stellung von Sicherungsrechten an Banken, die einzelne Unternehmen der Gruppe oder diese als Ganzes finanzieren. Dabei kommt es vor, dass es sich bei dem Sicherheitengeber und dem Darlehensnehmer um unterschiedliche Gruppenunternehmen handelt.

Die damit erbrachte Leistung an eine andere Gruppengesellschaft, soweit es sich bei diesen um Mutter- oder Schwestergesellschaften handelt, kann für die Geschäftsführer zu Haftungsrisiken führen, die ihre Grundlage in den Kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 30, 31 GmbHG haben. Es gilt der Grundsatz, dass das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen nicht an die Gesellschafter ausgezahlt werden darf, wobei nach der Rechtsprechung eine Leistung an eine Schwestergesellschaft einer Leistung an den Gesellschafter gleichgestellt ist. Die Geschäftsführer haften in einem solchen Fall gesamtschuldnerisch nach § 43 Abs. 2, Abs. 3 S. 1 GmbHG auf entsprechenden Ersatz. Dies wird insbesondere in den Fällen virulent, in denen der ebenfalls haftende Gesellschafter nicht mehr selbst zu einer Erstattung in der Lage ist, zum Beispiel weil er insolvent ist.

Wo bei einer Darlehensvergabe an einen Gesellschafter eine Auszahlung offensichtlich ist, so erkennt der Geschäftsführer dies nicht zwingend in einer Stellung einer Sicherheit an eine Bank, die dazu dient, dass ein Gesellschafter ein Darlehen eben von dieser gewährt bekommt.

Genau eine solche Auszahlung im Sinne des § 30 GmbHG durch Gewährung einer aufsteigenden Sicherheit (Upstream-Sicherheit) war Gegenstand einer Entscheidung des BGH aus 2017 (BGH v. 21.3.2017 – II ZR 93/16).

Der Zeitpunkt des potenziellen Verstoßes

Der Zeitpunkt des potenziellen Verstoßes ist nach der vorbezeichneten Entscheidung der Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung. In diesem Zeitpunkt beginnt die Verjährung zu laufen und der Geschäftsführer muss sich bereits auf seine Verteidigung vorbereiten, sollte er später wegen der Auszahlung in Anspruch genommen werden.

Wie soll sich der Geschäftsführer verteidigen?

Wie eine solche Exkulpation dokumentiert werden kann, darüber sagt der BGH in seiner Entscheidung leider nichts. Im Gesetz ist dazu lediglich u.a. ausgeführt, dass das Auszahlungsverbot nicht gilt, wenn der Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter vollwertig ist. Dabei kommt es maßgeblich darauf an, ob der Gesellschafter aus ex-ante-Perspektive zur Darlehensrückzahlung in der Lage war. Dies ist zivilrechtlich der Freistellungsanspruch der Gesellschaft gegen ihren Gesellschafter, sie von der Inanspruchnahme der bestellten Sicherheit bei Fälligkeit des Darlehens freizustellen.

Der BGH führt ferner aus, der Freistellungsanspruch der Gesellschaft sei dann als Gegenleistungs- und Rückgewähranspruch vollwertig und ein Ausfall unwahrscheinlich, wenn der Ausfall des Darlehensrückzahlungsanspruchs des Sicherungsnehmers (also der Bank) gegen den Gesellschafter unwahrscheinlich sei, also der Gesellschafter nicht voraussichtlich zur Rückzahlung in der Lage ist. Eine spätere Verschlechterung der Liquidität ist nach dem BGH irrelevant. Demnach wird verlangt, dass eine Prognose in Bezug auf das Wort „voraussichtlich“ angestellt wird. Der Eintritt muss dabei, wie bei § 18 Abs. 2 InsO, wahrscheinlicher sein als der Nichteintritt, d.h. die Eintrittswahrscheinlichkeit (der Freistellung durch Rückführung des Darlehens) muss zum Zeitpunkt der Bestellung der Sicherheit größer als 50 % sein.

Folge daraus für den Geschäftsführer ist: Er muss bereits vor Bestellung einer Upstream-Sicherheit bzw. vor Gewährung eines Upstream-Darlehens, vorsorglich durch einen externen Gutachter, schriftlich dokumentieren lassen, dass im Zeitpunkt (i) der Bestellung der Sicherheit bzw. (ii) im Falle eines gruppeninternen Darlehens im Zeitpunkt der Auszahlung an den Gesellschafter dieser mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bei Fälligkeit der Verbindlichkeit in der Lage sein wird, diese zu begleichen. Ein solches Gutachten, heute noch nicht durch einen anerkannten Standard verkörpert, wird sich voraussichtlich an den Vorgaben zu dem IDW S6 orientieren.
 
Die Rechtsfolgen des Verstoßes für die Geschäftsführer

Wenn sich der Geschäftsführer nicht exkulpieren kann, trifft ihn die Haftung aus § 43 Abs. 2, Abs. 3 S. 1 GmbHG in jedem Fall dann, wenn der Gesellschafter, der die Leistung erhalten hat, nicht mehr zur Erstattung der verbotenen Rückzahlung nach § 30 GmbHG in der Lage ist. Er kann sich auch nicht dadurch entlasten, dass er vorträgt, er wäre zur Auszahlung durch die Gesellschafter durch Beschluss angewiesen worden.

Daneben wird immer wieder von Geschäftsführern gefordert, sie müssten fortlaufend während z.B. einer Darlehensvergabe, die Bonität des Gesellschafters prüfen und bei einer Verschlechterung Sicherheiten fordern bzw. seine Freistellung durchsetzen. Leider bleiben die Meinungsvertreter die Erklärung schuldig, wie man z.B. von einer Bank eine Sicherheit, die man dieser für das Darlehen des Gesellschafters gewährt hat, wieder zurückerhält. Hätte der Gesellschafter selbst werthaltige Sicherheiten gehabt, hätte er diese selbst stellen können. Es erscheint illusorisch, dass eine Bank die einmal gestellte Sicherheit, insbesondere bei einer Verschlechterung der Bonität des Darlehensnehmers, freigibt. Einzig eine sog. Limitation Language, also eine vertragliche Vereinbarung mit der Bank, welchen die Verwertung der Sicherungsrechte durch die Bank im Falle eines Verstoßes gegen § 30 GmbHG einschränkt, kann sie vor der Haftung aus einem Verstoß gegen ihre Überwachungspflicht schützen.

RA Daniel Trowski, Partner

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