Zahlt der Kunde bei Fälligkeit nicht, muss der Gläubiger sofort handeln. Die schlichte Nichtbegleichung einer offenen Forderung über mehrere Monate führt im Regelfall dazu, dass der Gläubiger die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners kennt. Sämtliche (Teil-)Zahlungen ab diesem Zeitpunkt muss der Gläubiger an einen späteren Insolvenzverwalter des Schuldners erstatten. Dies gilt auch im Fall der Zwangsvollstreckung. Der für das Insolvenzrecht zuständige IX. Senat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat mit dem Urteil vom 18. Januar 2018 – IX ZR 144/16 seine Rechtsprechung zur heftig umstrittenen und im Jahr 2017 reformierten Insolvenzanfechtung weiter präzisiert.

Mit der neuen Rechtsprechung schränkt der BGH seine mit Urteil vom 06.07.2017 (Az. IX ZR 178/16) geäußerte Rechtsansicht ein, wonach aus einer Zwangsvollstreckung des Gläubigers noch nicht auf dessen Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit geschlossen werden kann. Ist die Forderung mehr als neun Monate fällig und zahlt der Schuldner erst nach anwaltlicher Mahnung, Androhung gerichtlicher Maßnahmen und Vorliegen eines rechtskräftigen Vollstreckungsbescheides oder im Wege unkonkreter Vereinbarungen, so hat der Gläubiger nach Lesart der Gerichte regelmäßig Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit und muss die erhaltenen Beträge an den Insolvenzverwalter erstatten.

Konsequenzen für den Gläubiger

„Das Urteil sollte für jeden Gläubiger noch einmal dringende Mahnung sein. Untätigkeit oder zu spätes Handeln kann für den Gläubiger im Rahmen der Anfechtung sehr teuer werden“, betont der Düsseldorfer Rechtsanwalt und Fachanwalt für Insolvenzrecht Dr. Olaf Hiebert von der Wirtschaftskanzlei Buchalik Brömmekamp. Gläubiger können ihre Anfechtungsrisiken bereits mit der Vertragsgestaltung mindern und die Erfolgschancen in einem Anfechtungsprozess hängen ganz wesentlich von dem weiteren Gläubigerverhalten ab. Zahlt der Kunde nicht vollständig oder nicht pünktlich, ist sofortiges Handeln erforderlich. „Die Rechtsprechung bestraft denjenigen Gläubiger, der abwartet oder auf falsche Art aktiv wird; dies ist der deutlich erkennbare Trend in der Rechtsprechung der letzten vier Jahre“, so Dr. Hiebert. Die Reform der Insolvenzanfechtung im vergangenen Jahr hat dieses Problem nicht lösen können. „Es ist ein Trugschluss. Vor wie nach der Reform gilt: Sein Geld behalten kann nur, wer rechtzeitig richtig handelt.“

Aber: Den Angaben des Insolvenzverwalters nicht trauen

Wie so häufig versuchen Insolvenzverwalter sich dieses neue BGH-Urteil in unredlicher Weise zu Nutze zu machen. Sie behaupten in Anfechtungsschreiben an Gläubiger und in Gerichtsprozessen, der BGH habe im Januar 2018 entschieden, dass die Nichtzahlung einer monatealten Forderung immer zwingend zur Kenntnis des Gläubigers von einer Zahlungsunfähigkeit des Schuldners führt. Genau dies hat der BGH aber auch am 18.01.2018 nicht entschieden. In dem Fall erbrachte der Schuldner erst nach neuneinhalb Monaten Teilzahlungen auf eine völlig unstreitige Forderung. Zudem hatte der Gläubiger einen Anwalt beauftragt und einen Vollstreckungsbescheid erwirkt. Selbst nach Vorlage des Vollstreckungsbescheides zahlte der Schuldner nur nach eigenem Ermessen und unvollständig. So liegen die Fälle gerade bei vielen Anfechtungen gegen Lieferanten, Vermieter, aber auch Beratern gerade nicht. Schweigt der Schuldner auf die Zahlungsaufforderung des Gläubigers nicht und hat er zum Beispiel sachliche Einwendungen gegen die Berechtigung der von dem Gläubiger geltend gemachten Forderung, liegt keine Kenntnis vor. Der BGH betont auch in seiner Entscheidung vom 18. Januar 2018, dass eine Gesamtschau aller Umstände des Einzelfalls in seine Gesamtwürdigung mit einbezogen werden muss.

Weitere Informationen auf www.insolvenzanfechtung-buchalik.de und in dem Buch: Buchalik/Hiebert, Insolvenzanfechtung, Risiken vermeiden, Ansprüche abwehren, 1. Auflage 2017.

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