Hochwasserschäden – Welche Ansprüche haben Betroffene?

Durch das jüngste Hochwasser sind enorme Hochwasserschäden eingetreten. Zahlreiche Privatpersonen, aber auch Unternehmen, sind in ihrer Existenz bedroht. Mehrere Geschädigte haben sich in den letzten Tagen mit unterschiedlichen Fragestellungen an unsere Kanzlei gewandt. Welche Ansprüche habe ich als Betroffener? Für welche Schäden besteht ein Versicherungsschutz? Was muss ich gegenüber der Versicherung beachten? Haften auch staatliche Stellen? Kann ich mit steuerlichen Erleichterungen rechnen?

Im Mittelpunkt der Gespräche steht somit in erster Linie, ob Hochwasseropfer Ansprüche auf Ersatz ihrer Schäden geltend machen können und wenn ja, gegen wen sie vorgehen müssen. Daneben geht es um Auswirkungen der Katastrophe auf Arbeits- und Mietverhältnisse, Kaufverträge und Werklieferungsverträge, Schwierigkeiten mit der Bedienung von Zahlungsverpflichtungen sowie steuerliche Aspekte.

Nachstehend haben wir die wichtigsten Fragen aufgegriffen und informieren Sie über wesentliche Punkte. Für Ihre Fragen stehen wir gerne zur Verfügung.

Was sind mögliche Schäden? Was ist gegenüber der Versicherung zu beachten?

Oft sind der gesamte Hausstand, die Betriebsmittel und/oder die Fahrzeuge erheblich beschädigt, wenn nicht sogar zerstört. Eine Dokumentation der Schäden ist unerlässlich, ebenso die Meldung der Schäden bei einer bestehenden Versicherung. Die Schadensdokumentation sollte ebenso wie die Schadensmeldung sorgfältig erfolgen. Unseren Mandanten raten wir daher, u.a. mit Hilfe von Fotos die Schäden zu dokumentieren und – abhängig von der Höhe des jeweiligen Schadens – diesen von einem Sachverständigen begutachten zu lassen.
Die Versicherung sollte schnellstmöglich informiert und mit einbezogen werden.

Die anfänglich signalisierte Regulierungsbereitschaft der Versicherungen findet oft bei hohen Schadenssummen ein abruptes Ende. In diesen Fällen bedarf es regelmäßig einer gerichtlichen Klärung. Die besten Erfolgsaussichten in solchen Prozessen haben – so die drei Prozessrechtsexperten von Buchalik Brömmekamp –  diejenigen Versicherungsnehmer, die sich von Beginn an vertreten lassen.

Beschädigte und zerstörte Gegenstände sollten keinesfalls entsorgt werden, bevor die Versicherung sich damit einverstanden erklärt hat und eine endgültige Regulierungszusage vorliegt. Andernfalls kann die Versicherung in einem Prozess die „Beweisvereitelung“ anführen und dem Versicherungsnehmer droht die Klageabweisung.

Besteht Versicherungsschutz?

Vom Versicherungsschutz sind regelmäßig sogenannte Elementarschäden ausgeschlossen. Das heißt, die einfache Gebäudeversicherung wird regelmäßig den Schaden ebenso wenig zahlen, wie eine Hausratversicherung.

Kasko-Versicherungen tragen die Schäden an Kraftfahrzeugen etc. Häufig wird der Versicherungsschutz im Falle von Hochwasserschäden jedoch versagt, da dem Fahrzeughalter ein grob fahrlässiges Verhalten vorgeworfen wird.

Haften auch staatliche Stellen? Gibt es Fluthilfe?

Die staatlichen Stellen müssen die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um eine wirksame Abwehr der Katastrophe zu gewährleisten.

Die vom Hochwasser bedrohte Bevölkerung ist vor einer Überflutung zu warnen, d.h. es besteht eine Warnpflicht.

Erfolgt die Warnung zu spät oder gar nicht, können Geschädigte Schadensersatz verlangen. Die Hochwasseropfer müssen allerdings beweisen können, dass der Schaden bei rechtzeitiger Warnung nicht eingetreten wäre.

Gemeinden sind zudem verpflichtet, Wohngebiete vor den Gefahren, die durch Überschwemmungen auftreten können, zu schützen. Werden die Geschädigten nicht (ausreichend und zumutbar) geschützt, können sie Schadensersatz fordern. Allerdings sind die Besonderheiten des Einzelfalls zu beachten. Eine Haftung kommt insbesondere dann in Betracht, wenn seit Jahren bekannt ist, dass Dämme etc. verstärkt oder erhöht werden müssen, die zuständige Stelle davon aber abgesehen hat.

Unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherungspflicht sowie der Gewässerunterhaltung obliegt es den zuständigen Stellen, ihren sogenannten Verkehrssicherungspflichten nachzukommen. Werden Verkehrssicherungspflichten verletzt, spricht viel für einen Schadenersatzanspruch. Eine schadensersatzpflichtige Amtspflichtverletzung kommt in Betracht, wenn kein wirksamer Hochwasserschutz betrieben wurde.

Können Darlehensverpflichtungen gestundet oder reduziert werden?

Viele Unternehmer aber auch Verbraucher werden aufgrund ihrer durch die Hochwasserkatastrophe erlittenen Schäden absehbar nicht mehr in der Lage sein, Zins- und Tilgungszahlungen auf Kredite pünktlich zu leisten. Für Unternehmer eröffnet das zum 1. Januar dieses Jahres in Kraft getretene Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen (StaRUG) die Möglichkeit, durch einen gerichtlich bestätigten Restrukturierungsplan eine Stundung oder sogar einen Teilverzicht auf ihre Verbindlichkeiten zu erlangen, wenn die betroffenen Gläubiger dem betreffenden Plan mit qualifizierter Mehrheit zustimmen. Ist die Zahl der einzubindenden Gläubiger gering, bietet sich die Möglichkeit einer vorgeschalteten Sanierungsmoderation an.

Für betroffene Verbraucher gibt es die Möglichkeit, einen Teilverzicht auf ihre Verbindlichkeiten im Wege eines Schuldenbereinigungsplans zu erhalten.

 

Wie reagierte die Finanzverwaltung auf die Hochwasserkatastrophe? Gibt es steuerliche Erleichterungen?

Die Finanzverwaltung hat sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene auf die Hochwasserkatastrophe reagiert. Die Landesfinanzverwaltung (hier am Beispiel Rheinland-Pfalz) hat mit den sogenannten Katastrophenerlassen eine Vielzahl von steuerlichen Erleichterungen geregelt. So können insbesondere Anträge auf Stundung von Steuern sowie Anträge auf Anpassung von Vorauszahlungen in vereinfachter Form durch die Finanzverwaltung bewilligt werden. Sind im Rahmen der Hochwasserkatastrophe Buchführungsunterlagen vernichtet worden, so sollen hieraus steuerlich keine Nachteile erwachsen. Dringend zu empfehlen ist jedoch eine zeitnahe Dokumentation bzw. Glaubhaftmachung, soweit möglich.

Weiterhin gelten Vereinfachungen hinsichtlich der erforderlichen Bescheinigungen, wenn Spenden für Zwecke der Hilfe bei der Hochwasserkatastrophe geleistet werden.

Darüber hinaus bestehen weitere Vergünstigungen für Gewerbebetriebe sowohl im Rahmen der Gewinnermittlung als auch im Bereich der Lohnsteuer. Ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums regelt ergänzend Vergünstigungen im Bereich der Umsatzsteuer, so insbesondere die Möglichkeit zur Herabsetzung der Sondervorauszahlung.

Wie wirkt sich die Flutkatastrophe auf Kaufverträge oder Werklieferungsverträge aus?

Wird die vertraglich geschuldete Lieferung einer Sache aufgrund der Flutkatastrophe für den Lieferanten endgültig bzw. zeitweise unmöglich ist er – gegebenenfalls vorübergehend – von seiner Lieferungspflicht befreit. Im Gegenzug entfällt dann allerdings auch sein Vergütungsanspruch. Da der Lieferant das Ausbleiben der Leistung bzw. deren Verspätung in solchen Fällen auch nicht zu vertreten hat, haftet er dem Besteller in solchen Fällen grundsätzlich auch nicht für daraus resultierende Schäden.

Etwas anderes kann ausnahmsweise dann gelten, wenn der betreffende Kauf- oder Werklieferungsvertrag anderweitige Regelungen für den entsprechenden Sachverhalt enthält. Daher sollten der Vertrag bzw. vereinbarte allgemeine Geschäftsbedingungen zunächst daraufhin durchgesehen werden, ob entsprechende Regelungen enthalten sind. Sind diese ungünstig, empfiehlt sich in einem zweiten Schritt die Prüfung, ob die betreffenden Regelungen wirksam sind. Dies ist nämlich bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen häufig nicht der Fall, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders schlechter stellen, als er nach den gesetzlichen Regelungen stünde.

Ist der Besteller einer Leistung durch das Hochwasser geschädigt und kann die Lieferung nicht mehr entgegennehmen, steht ihm möglicherweise ein Recht auf Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage zu. Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder für den Besteller nicht zumutbar, so kann er unter Umständen auch von dem Vertrag zurückgetreten, bzw. ein Dauerlieferungsverhältnis kündigen.

Welche Konsequenzen hat die Flutkatastrophe im Mietrecht?

Sowohl Mieter als auch Vermieter sehen sich Herausforderungen ausgesetzt.

Wohnungen, Häuser sowie Geschäftsräume sind (wenn auch nur zeitweise) nicht nutzbar. Im Falle von Jahrhundertfluten kann die Miete bis zu 100 Prozent gemindert sein. Eine wiederholte Überschwemmung kann in Einzelfällen sogar einen Kündigungsgrund darstellen. Schadensersatzansprüche gegenüber dem Vermieter sind ebenfalls denkbar, beispielsweise, weil der Vermieter den Einbau eines Rückstauventils unterlassen hat. Auch dem Vermieter kann ein Kündigungsrecht zustehen, wenn eine Fortsetzung des Mietvertrages nicht mehr zumutbar ist.

Hochwasserkatastrophe und Arbeitsrecht – was gilt für Arbeitnehmer?

Die Hochwasserkatastrophe und ihre Folgen wirft auch arbeitsrechtliche Fragestellungen auf. Diese betreffen sowohl von der Flut betroffene Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber, die von dem Hochwasser überrascht wurden.

Arbeitnehmer deren Hab und Gut betroffen ist und die sich in der Zeit nach der Flut um ihr Eigentum kümmern müssen, fragen nicht selten nach Sonderurlaub. Hierzu sieht das BGB in § 616 die bezahlte Freistellung vor, nach der der Arbeitnehmer seinen Vergütungsanspruch nicht verliert, wenn er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden die Arbeitsleistung nicht erbringen kann. Dabei hatte das Bundesarbeitsgericht schon in der Vergangenheit festgestellt, dass auch Naturkatastrophen zu den persönlichen Gründen zählen, sofern der Arbeitnehmer von ihnen betroffen ist.

Uneinheitlich bemisst die Rechtsprechung die Dauer dieses Anspruchs; fünf bis zehn Tage werden als verhältnismäßig erachtet, wobei dies letztlich vom Einzelfall abhängen wird und hier die Schwere des Schadens Berücksichtigung finden wird, so dass bei einem Totalverlust des Eigenheims sicher das Höchstmaß der Verhältnismäßigkeit angenommen werden würde. Allerdings muss hier die vertragliche Situation des Arbeitsverhältnisses berücksichtigt werden, denn § 616 BGB ist sowohl durch den Tarifvertrag als auch durch den Arbeitsvertrag ausschließbar. Gerade letzteres ist häufig der Fall.

Nach der Flut: Was sollten Arbeitgeber wissen?

Ist der Arbeitgeber daran gehindert, die Arbeitnehmer zu beschäftigen, bleibt er leistungspflichtig, also die Vergütung zugunsten der Arbeitnehmer schuldig. Dies gilt sowohl in dem Fall, dass er direkt durch das Hochwasser, zum Beispiel durch eine Beschädigung der Produktionsanlagen, betroffen ist, als auch im indirekten Fall, wenn die Produktion unmöglich ist, weil ein bedeutender Zulieferer von der Katastrophe betroffen ist. Die Arbeitsgerichte zählen nämlich auch die Folgen von Naturkatastrophen zum Betriebsrisiko des Unternehmers und bürden ihm daher die Pflicht zur Beschäftigung der Arbeitnehmer auf und den Annahmeverzug, wenn ihm dies nicht möglich ist. Allerdings kann in solchen Fällen die Einführung von Kurzarbeit ein probates Mittel zur wirtschaftlichen Entlastung sein. Allerdings muss diese, wie auch schon während und wegen der Corona-Pandemie, nach dem Arbeitsvertrag zulässig sein oder im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer einzelvertraglich oder mit dem Betriebsrat per Betriebsvereinbarung eingeführt werden.

Dies gilt so auch für den Fall, dass der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers zerstört wurde und er im Homeoffice arbeiten möchte oder soll. Ein gesetzlicher Anspruch hierauf besteht weder für den Wunsch des Arbeitnehmers noch für die Anordnung des Arbeitgebers. Dies muss, sofern im Unternehmen nicht schon eine entsprechende Betriebsvereinbarung besteht, einvernehmlich geregelt werden.

Ist das Arbeiten am Arbeitsplatz wegen hiermit verbundener Gefahren, zum Beispiel aufgrund statischer Schäden, nicht möglich, kann der Arbeitnehmer die Leistungserbringung verweigern, ohne hierdurch seinen Vergütungsanspruch zu verlieren.

Auch wenn sich der Weg zur Arbeit durch Hochwasserschäden verlängert hat, muss der Arbeitnehmer Sorge dafür tragen, pünktlich zur Arbeit zu erscheinen. Der Arbeitsweg gehört zur Risikosphäre des Arbeitnehmers. Verpasste Arbeitszeit muss durch den Arbeitgeber nicht bezahlt werden und kann sogar einen Abmahn- und Kündigungsgrund bedeuten.

Sie haben Fragen rund um die Hochwasserschäden oder Ihre Ansprüche? Nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.

Zur Beantwortung allgemeiner Fragen zu den genannten Themen im Rahmen eines kostenlosen Erstgesprächs hat unsere Kanzlei eine Taskforce bestehend aus den Rechtsanwälten Sascha Borowski, Michael Kothes, Jochen Rechtmann sowie Rechtsanwalt und Steuerberater Martin Rekers eingerichtet. Setzen Sie sich gern mit uns in Verbindung:

Seit über 13 Jahren vertritt Rechtsanwalt Sascha Borowski erfolgreich Mandanten sowohl bei der Durchsetzung als auch bei der Abwehr von Schadensersatzansprüchen. Ein Schwerpunkt stellt die gerichtliche Auseinandersetzung dar.
per E-Mail: ed.wa1711650069l-rbb1711650069@iksw1711650069orob1711650069

Seit über 16 Jahren vertritt Rechtsanwalt Michael Kothes (Fachanwalt für Arbeitsrecht und Fachanwalt für Sozialrecht) erfolgreich Arbeitnehmer, Betriebsräte und Unternehmen bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche außergerichtlich und gerichtlich.
per Mail: ed.wa1711650069l-rbb1711650069@seht1711650069ok1711650069

Jochen Rechtmann ist ehemaliger Banksyndikus und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sein Spezialgebiet ist die Beratung und Prozessvertretung auf dem Gebiet des Kredit- und Kreditsicherungsrechts. Darüber hinaus verfügt er über langjährige Erfahrungen bei der Durchsetzung und Abwehr von Schadensersatzansprüchen.
per E-Mail: ed.wa1711650069l-rbb1711650069@nnam1711650069thcer1711650069

Martin Rekers ist Rechtsanwalt und Steuerberater. Er berät sowohl in Fragen des Ertrag- als auch in Fragen des Umsatzsteuerrechts sowie des allgemeinen Steuerrechts (insbesondere auch Fragen betreffend den Umgang mit Steuerforderungen sowie sonstige steuerliche Besonderheiten in Krisensituationen).
per E‑Mail: ed.wa1711650069l-rbb1711650069@srek1711650069er1711650069

Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte zählt zu den marktführenden Insolvenz- und Sanierungsberatern und wurde vielfach, so u. a. vom FOCUS, zur TOP Wirtschaftskanzlei im Bereich Insolvenz & Sanierung ausgezeichnet.

Über den Autor

Partner, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Sascha Borowski

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Partner, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Sozialrecht, Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht Michael Kothes.

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Geschäftsführer, Partner, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Jochen Rechtmann

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Partner, Rechtsanwalt, Steuerberater Martin Rekers LL.M. Eur. LL.M. Steuern

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