Arbeitsrechtliche Fallstricke beim Einsatz von KI im Berufsalltag
Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) am Arbeitsplatz verspricht Effizienzsteigerung und Arbeitserleichterung, birgt jedoch zugleich erhebliche arbeitsrechtliche Risiken. Ohne vorherige Zustimmung des Arbeitgebers kann die Nutzung von KI sogar zu einer Abmahnung oder einer Kündigung führen. Datenschutzverstöße, fehlerhafte KI-Ergebnisse und mögliche Urheberrechtsverletzungen zählen zu den größten Gefahren. Dieser Beitrag zeigt, unter welchen Voraussetzungen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer KI rechtssicher einsetzen dürfen – und warum eine sorgfältige Prüfung der Ergebnisse unerlässlich ist.
Künstliche Intelligenz im Berufsalltag: Chancen und arbeitsrechtliche Grenzen
Künstliche Intelligenz gewinnt zunehmend an Bedeutung, und das längst nicht mehr nur in technischen Bereichen. Auch Tätigkeiten, die bislang ausschließlich von Menschen ausgeführt wurden, werden zunehmend von KI-Systemen unterstützt. Diese Entwicklung eröffnet sowohl für Unternehmen als auch für Beschäftigte neue Möglichkeiten, bestimmte Aufgaben durch automatisierte Systeme erledigen zu lassen. Doch dieser Einsatz ist nicht grenzenlos erlaubt. Der folgende Überblick zeigt, unter welchen Bedingungen Angestellte KI nutzen dürfen und welche rechtlichen Fallstricke sich daraus ergeben können.
KI am Arbeitsplatz nur mit Einverständnis des Arbeitgebers
Ob zur automatisierten Erstellung von Berichten, zur Auswertung großer Datenmengen oder zur Gestaltung visueller Präsentationen – KI-Anwendungen bieten eine Vielzahl von Einsatzoptionen. Wer jedoch davon ausgeht, sich durch KI unbemerkt lästige Aufgaben erleichtern zu können, sollte sich der arbeitsrechtlichen Konsequenzen bewusst sein.
Denn ohne die ausdrückliche Zustimmung des Arbeitgebers verstößt die Nutzung von KI im Arbeitskontext gegen bestehende arbeitsvertragliche Pflichten. Gemäß § 611 Abs. 1 BGB schuldet der/die Angestellte die persönliche Erbringung der vereinbarten Arbeitsleistung. Die Delegation dieser Leistung an Dritte – wozu auch KI-Systeme zählen – ist grundsätzlich unzulässig. Wird eine KI ohne Wissen des Arbeitgebers eingesetzt, um Aufgaben ganz oder teilweise zu übernehmen, kann dies eine erhebliche Pflichtverletzung darstellen.
Im schlimmsten Fall drohen rechtliche Konsequenzen wie eine Abmahnung oder sogar eine Kündigung, insbesondere dann, wenn der Vorwurf des Arbeitszeitbetrugs im Raum steht. Denn während die KI arbeitet, erbringt der Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerin keine persönliche und damit vergütungspflichtige Leistung.
Datenschutzrechtliche Risiken bei Nutzung von KI
Schon das Einbinden sensibler Unternehmensdaten in eine KI-Anwendung kann arbeitsrechtlich problematisch sein. Die meisten KI-Tools nutzen externe Server, die sich häufig außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums befinden. Dies kann einen Verstoß gegen die Datenschutzrichtlinien darstellen, insbesondere dann, wenn die verwendeten Systeme nicht den Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) entsprechen.
Viele Arbeitsverträge enthalten strenge Datenschutzklauseln, die die Übermittlung personenbezogener oder betriebsinterner Informationen an externe Systeme untersagen. Die unbedachte Nutzung von KI, bei der beispielsweise Umsatzdaten oder interne Strategiepapiere verarbeitet werden, kann daher bereits als grober Verstoß gewertet werden, der arbeitsrechtliche Sanktionen bis hin zur Kündigung nach sich ziehen kann.
Auch die technische Funktionsweise der jeweiligen KI sollte bedacht werden: Werden eingegebene Daten lediglich einmalig verarbeitet, oder speichert das System sie für zukünftiges Training? Gibt es ausreichende Schutzmechanismen, um den Zugriff Dritter zu verhindern? Diese Fragen müssen vor dem Einsatz geklärt sein.
Besonders kritisch ist der Umgang mit Informationen, die als Geschäftsgeheimnisse gelten. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind gesetzlich verpflichtet, diese zu schützen, unabhängig von vertraglichen Zusatzvereinbarungen. Werden geschützte Inhalte wie Kundenlisten oder Finanzzahlen in eine KI eingespeist, um daraus beispielsweise Berichte zu generieren, kann dies schwerwiegende Folgen nach sich ziehen.
Haftung bei fehlerhafter KI-Nutzung
Auch bei genehmigter Verwendung von KI-Systemen bleibt ein Risiko bestehen: Für die durch die KI verursachten Fehler haftet grundsätzlich die Person, die sie einsetzt.
Ein aufsehenerregender Fall aus den USA verdeutlicht dies: Ein Anwalt ließ Schriftsätze durch eine KI erstellen, die jedoch nicht existente Gerichtsurteile erfand. Da der Anwalt die Angaben nicht überprüfte, drohen ihm neben einer Klageabweisung nun auch berufsrechtliche Konsequenzen.
Solche Fälle können auch in Deutschland arbeitsrechtlich relevant werden. Wenn eine KI-generierte Ausarbeitung ungeprüft übernommen wird und dadurch ein Schaden für das Unternehmen entsteht, kann der/die Beschäftigte zur Verantwortung gezogen werden. Der Umfang der Haftung richtet sich dabei nach der Art und Weise der Sorgfaltspflichtverletzung: Während kleine Versäumnisse möglicherweise nur zu einer milden Sanktion führen, kann bei grober Fahrlässigkeit eine umfassende Haftung greifen.
Es ist daher unerlässlich, sämtliche von der KI erzeugten Inhalte sorgfältig zu prüfen. Eine Entlastung mit dem Argument, die Fehler seien vom System verursacht worden, ist in den meisten Fällen nicht möglich.
Urheberrechte und Eigentum an KI-Ergebnissen
Ein weiterer Aspekt, der in der Praxis zu Problemen führen kann, betrifft die Urheberschaft an von KI produzierten Inhalten. Werden dabei urheberrechtlich geschützter Materialien (z. B. Texte, Bilder oder Musikstücke) ohne korrekte Quellenangabe oder Lizenz genutzt, kann dies zu rechtlichen Auseinandersetzungen führen.
Der Arbeitgeber kann in solchen Fällen gegenüber Dritten haftbar gemacht werden, sodass er seinerseits Schadensersatzansprüche gegen die Arbeitnehmerin bzw. den Arbeitnehmer geltend macht. Zusätzlich kann eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Nebenpflichten gemäß § 241 Abs. 2 BGB vorliegen, insbesondere wenn fahrlässig gehandelt wurde.
Zur Pflicht zur Rücksichtnahme auf die rechtlichen Interessen des Arbeitgebers gehört auch der sorgsame Umgang mit geistigem Eigentum. Wer etwa wissentlich KI-Systeme nutzt, die potenziell urheberrechtlich problematische Inhalte generieren, muss mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen wie einer Abmahnung oder Kündigung rechnen.
Fazit: Beim Einsatz von KI im Job ist Vorsicht geboten
Die Integration von KI in den beruflichen Alltag sollte mit großer Umsicht erfolgen. Selbst wenn der Einsatz durch den Arbeitgeber ausdrücklich erlaubt wurde, entbindet dies die Beschäftigten nicht von der Einhaltung arbeits- und datenschutzrechtlicher Vorgaben.
Fehlerhafte Inhalte, Datenschutzverletzungen oder urheberrechtliche Verstöße können schnell zu persönlichen Haftungsrisiken führen. Wer KI unreflektiert einsetzt, bringt sich daher selbst in eine gefährliche Lage.
Eine kontrollierte und informierte Nutzung von KI – idealerweise in enger Abstimmung mit dem Arbeitgeber – kann dagegen sinnvoll sein und im besten Fall die Effizienz steigern. Ein uneingeschränkter und unkritischer Einsatz ist aus rechtlicher Sicht jedoch derzeit nicht zu empfehlen.
Zurück zur Newsletter Artikel-Übersicht.


