Kommunikation, Verhalten und Lösungsansätze im Vorfeld einer möglichen Insolvenz

Kommunikation im Vorfeld einer Insolvenz? Wenn sich eine Insolvenz abzeichnet, ist eine klare, strukturierte und strategisch durchdachte Öffentlichkeitsarbeit unerlässlich. Eine unsachgemäße oder verspätete Information kann rechtliche, wirtschaftliche und reputationsbezogene Schäden verursachen. Doch was ist in dieser sensiblen Situation konkret zu tun?

Die folgenden Überlegungen zeigen auf, wen man informieren muss, wer bei der Kommunikation unterstützen kann und welche Zeitfenster dabei zu berücksichtigen sind.

1. Wen muss ich im Vorfeld einer Insolvenz informieren?

1.1 Interne Stakeholder

Gesellschafter – Eigentümer

Der Geschäftsleiter sollte Gesellschafter und/oder Eigentümer frühzeitig über die (drohende) wirtschaftliche (Schief-)Lage informieren, insbesondere wenn Kapitalmaßnahmen oder eine Restrukturierung notwendig sind.

Ist eine Insolvenz unvermeidbar, müssen die Gesellschafter bei Kapitalerhöhungen oder anderen Rettungsmaßnahmen aktiv mitwirken (§26 IV InsO), wobei die Vorschusspflicht auch den (Fremd-)Geschäftsführer treffen kann.

Geschäftsführung und Vorstand

Ist der Ratsuchende nicht selbst Geschäftsführer, ist es wichtig, dass die Geschäftsleitung umfassend informiert wird. Dies sollte neben einem Gespräch auch schriftlich erfolgen.

Die Insolvenzantragspflicht ergibt sich aus § 15a InsO: Bei Zahlungsunfähigkeit ist der Antrag innerhalb von 3 Wochen oder bei Überschuldung innerhalb von 6 Wochen zu stellen!

Praxistipp: Sollte sich früher herausstellen, dass eine Sanierung aussichtlos ist, so ist der Antrag unverzüglich zu stellen. Das kann auch vor Ablauf der Drei- oder Sechswochenfrist der Fall sein.

Aufsichtsrat/Beirat (falls vorhanden)

Je nach Unternehmensform (z. B. bei einer AG oder einer größeren GmbH) müssen auch die Kontrollorgane wie Aufsichtsrat oder Beirat informiert werden, wobei das Unterlassen der Information eine Pflichtverletzung darstellen kann, die Schadensersatzansprüche auslösen kann.

Mitarbeitende

Ein wichtiger und sehr sensibler Punkt ist die Kommunikation gegenüber den Mitarbeitenden, die sorgfältig geplant werden sollte.

Praxistipp: Hier ist die Hinzuziehung eines in Sanierungs- und Insolvenzsachen erfahrenen Beraters dringend zu empfehlen, um Unsicherheiten zu minimieren und auftretende Fragen kompetent beantworten zu können.

  • Wann informiere ich die Mitarbeitenden?
    Oberstes Gebot sollte immer sein, Unruhe unter den Mitarbeitenden zu vermeiden, weshalb zu diesem Zeitpunkt nur eine begrenzte Information erfolgen sollte. Eine offenere Kommunikation ist angezeigt, wenn akute Insolvenzgefahr besteht. In diesem Fall müssen die Mitarbeitenden über mögliche unpünktliche Gehaltszahlungen und betriebliche Maßnahmen, wie beispielsweise anstehende Kurzarbeit, informiert werden.
  • Wie kommunizieren?
    In jedem Fall sollte die Art der Kommunikation transparent, aber nicht panisch sein. Auch hier ist es wichtig, einen erfahrenen Berater an der Seite zu haben.
    Wenn es einen Betriebsrat gibt, sollte dieser frühzeitig eingebunden werden.

1.2 Externe Stakeholder

Banken und Kreditgeber

Neben den internen Stakeholdern ist auch das Gespräch mit den externen Stakeholdern zu suchen. Sind Kredite oder Darlehen betroffen, sollten die Banken und Kreditinstitute frühzeitig informiert werden, um über Stundungen oder Umschuldungen zu verhandeln.

Praxistipp: Die geldgebenden Institute verlangen nach Offenlegung einer wirtschaftlich schwierigen Lage eines Unternehmens ein Sanierungsgutachten nach IDW S6, bevor sie eine weitere finanzielle Unterstützung prüfen. Ob es tatsächlich immer ein so umfangreiches und teures Gutachten sein muss, ist im Einzelfall zu beurteilen.

Gläubiger (Lieferanten, Dienstleister, Vermieter, Leasinggeber)

Ebenso wichtig und existenziell ist die Kommunikation mit Gläubigern wie Lieferanten, Dienstleistern, Versorgern, Vermietern und Leasinggebern. Auch diese sollte wohlüberlegt erfolgen.

Strategien können zum einen die offene Kommunikation mit Schlüssellieferanten sein, die beispielsweise hilfreich sein kann, um Zahlungsaufschübe oder Stundungen zu erreichen.

Andererseits sind aber auch vertrauliche Verhandlungen mit wesentlichen Gläubigern sinnvoll, um Ratenzahlungen oder Nachlässe zu erreichen.

Hier sind die Gespräche und damit verbundenen Strategien individuell festzulegen, was ebenfalls für den Teilnehmerkreis an solchen Gesprächen gilt. Externe Berater müssen nicht zwingend teilnehmen, wenn ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger besteht. Der Geschäftsführer sollte sich im Vorfeld beraten lassen, um seine Optionen zu kennen.

Finanzamt und Sozialversicherungsträger

Sofern bereits Steuer- und Sozialabgabenrückstände bestehen, sollten diese proaktiv kommuniziert werden. Mögliche Maßnahmen sind hier Stundungsanträge beim Finanzamt zur Vermeidung von Vollstreckungsmaßnahmen sowie Verhandlungen mit den Krankenkassen, um Zahlungserleichterungen zu erreichen.

Praxistipp: Bei einer „Vogel-Strauß-Politik“ des Schuldners, können durch Finanzämter und Sozialversicherungsträger innerhalb kürzester Zeit Insolvenzanträge gestellt werden.

Kunden und Geschäftspartner

Wie bei den Mitarbeitenden gilt auch hier: Kommunikation vermeiden, die Panik auslöst!

Strategien hierbei können sein, die Key Accounts direkt anzusprechen, um zuvor aufgebautes Vertrauen nicht zu verlieren. Die Information der „breiten Masse“, die öffentliche Kommunikation, sollte erst bei rechtlicher Notwendigkeit einsetzen, um keine neuen Haftungsansprüche zu erzeugen.

2. Wer kann mich bei der Kommunikation im Vorfeld einer Insolvenz unterstützen?

2.1 Rechtliche und wirtschaftliche Berater

Kompetente Unterstützung bieten Fachanwälte für Insolvenz- und Sanierungsrecht, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sowie Sanierungs- und Restrukturierungsberater.

Beratung, Hilfe und Unterstützung ist bei der Beurteilung der Insolvenzreife (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) unerlässlich. Aber auch zur Vermeidung von Haftungsrisiken (auch strafrechtlicher Natur, vgl. § 15a IV InsO) durch nicht rechtzeitige Antragsstellung, ist die Inanspruchnahme einer Beratung unausweichlich.

Auch für die Begleitung außergerichtlicher Sanierungsbemühungen bzw. die Vorbereitung eines Schutzschirm- oder Eigenverwaltungsverfahren, in dessen Verlauf regelmäßig die Entschuldung des Unternehmens durch Vorlage eines Insolvenzplans erfolgt, ist die Einbeziehung von Spezialisten dringend geboten.

Darüber hinaus sind die oben genannten Berufsgruppen geeignete Berater bei der Erstellung einer aktuellen Liquiditätsplanung, die einen kurzen Zeithorizont abdecken und laufend aktualisiert werden sollte. Sie unterstützen den Geschäftsführer bzw. Unternehmer bei Verhandlungen mit Finanzamt, Sozialversicherungsträgern und Banken.

Die Erstellung eines Sanierungskonzepts zur Vorlage bei Banken und Gläubigern ist ein aufwendiger und komplexer Prozess, der auch viel Zeit in Anspruch nehmen kann und ebenfalls eine Aufgabe für Spezialisten ist, die dann auch bei operativen Sanierungsmaßnahmen (Kostensenkung, Anpassungen des Geschäftsmodells) unterstützen können.

2.2 Finanzielle Unterstützungsquellen

Banken und Kreditinstitute

Ist der Geschäftsführer oder Unternehmer bereits in einem frühen Stadium auf Banken und Kreditinstitute zugegangen und dabei gut vorbereitet mit einem Sanierungskonzept aufgetreten, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass er Stundungen oder Umschuldungen erreichen kann, die in der Frühphase einer Krise entsprechend viel bewirken können.

Förderprogramme für Sanierungen

Für die Inanspruchnahme von Mitteln der KfW und der regionalen Förderbanken oder Bürgschaftsbanken, die spezielle Programme für Unternehmen in der Krise anbieten, ist in jedem Fall ein Sanierungsgutachten erforderlich.

2.3 Öffentliche Stellen & Institutionen

Auch Institutionen wie Industrie- und Handelskammern sowie Handwerkskammern sind häufig erste Anlaufstelle für Beratung und Vermittlung von Sanierungsexperten.

Unterstützen kann auch die Bundesagentur für Arbeit mit der Gewährung von Kurzarbeitergeld als kurzfristige Liquiditätshilfe.

3. Welches Zeitfenster muss für die Kommunikation im Vorfeld einer Insolvenz eingeplant werden?

Neben der Kommunikation ist die Zeit ein entscheidender Faktor für eine erfolgreiche Sanierung oder Restrukturierung (das gilt im übrigen auch für ein Eigenverwaltungs-, Schutzschirm- oder Regelinsolvenzverfahren).

3.1. Frühe Phase (3–6 Monate oder mehr vor einer möglichen Insolvenz)

Die immer wichtige Liquiditätsplanung sollte aktuell sein und in kürzeren Abständen aktualisiert werden.

In dieser frühen Phase sollten die Gespräche mit Banken und Gläubigern vorbereitet werden. Insbesondere sollten die Planungstools erstellt werden, da dieser Aufwand erheblich sein kann.

Auch die Prüfung alternativer Finanzierungsmöglichkeiten (Investoren, Fördermittel) ist in dieser Phase angezeigt.

3.2 Akute Krise (0–3 Monate vor Insolvenzreife)

Wenn die Zeit weiter vorangeschritten ist, sollten die eingeleiteten Sanierungsverhandlungen intensiviert und die oben bereits angesprochene Rechtsberatung zur Insolvenzantragspflicht eingeholt werden.

Auch die Kommunikation mit Mitarbeitenden muss vorbereitet werden, insbesondere die Abläufe zur Beantragung von Kurzarbeit, können aufwendig werden. Die Verantwortlichen sollten sich auf Fragen der Mitarbeitenden einstellen, die im Zusammenhang im Insolvenzausfallgeld oder Kurzarbeitergeld auftreten. Es empfiehlt sich hier, einen Berater mit ins Boot zu holen, um entsprechend kompetente Antworten vorbereiten zu können.

3.3 Letzte Phase (0–3 Wochen vor Insolvenzantragspflicht)

Falls Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung festgestellt wird und Sanierungsmöglichkeiten ausscheiden, muss unverzüglich der Insolvenzantrag vorbereitet und eingereicht werden, um eine Strafbarkeit nach § 15a InsO wegen Insolvenzverschleppung zu vermeiden.

Fazit: Strategische Kommunikation entscheidet über Erfolg oder Misserfolg!

Rechtzeitige interne Information: Geschäftsleitung, Gesellschafter und Aufsichtsorgane müssen frühzeitig eingebunden werden.

Dosierte externe Kommunikation: Banken, Gläubiger und Behörden sollten strategisch informiert werden.

Rechtliche Beratung frühzeitig einholen: Insolvenzverschleppung kann gravierende Folgen haben.

Sanierungschancen prüfen: Schutzschirmverfahren oder Eigenverwaltung bieten oft Lösungen.

Je früher Sie handeln, desto mehr Optionen haben Sie!

Über den Autor

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht Steffen Zerkaulen

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