Die Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Frankfurt zu seinem Urt. v. 29.03.2019 (Az. 8 U 218/17) hat aufhorchen lassen. Danach hat das Gericht die Haftung einer Beratungsgesellschaft für das Unterlassen eines Hinweises auf eine Insolvenzantragspflicht abgelehnt und die Klage des Insolvenzverwalters der Solon SE auf Schadensersatz im unteren zweistelligen Millionenbereich abgewiesen.

Die Beratungsgesellschaft war u.a. mit der finanziellen Reorganisation der späteren Insolvenzschuldnerin befasst, hatte aber die steuerrechtliche und rechtliche Beratung ausgeschlossen sowie die Leistungen in 14 Punkten genau bestimmt. Keiner dieser Punkte umfasste den Prüfauftrag hinsichtlich einer etwaigen Insolvenzantragspflicht. Die Aufzählung der Vertragsleistungen sei nach Ansicht der Richter abschließend gewesen. Das hatte der Insolvenzverwalter noch anders gesehen und von einer lediglich exemplarischen Aufzählung gesprochen.

Die Prüfung, wann eine Überschuldung vorliege und ob eine positive Fortführungsprognose gestellt werden könne, betreffe laut OLG eindeutig Rechtsfragen. Sie unterfielen der vertraglich gerade nicht geschuldeten Besorgung einer fremden Rechtsangelegenheit. Bereits das Landgericht hatte die Klage des Insolvenzverwalters abgewiesen und auch die Berufung hiergegen hatte vor dem OLG nun keinen Erfolg. Die Beklagte habe keine vertraglichen Pflichten im Zusammenhang mit der geschuldeten Beratung verletzt, stellte das OLG fest.

Sollte das Urteil Bestand haben, spricht viel dafür, dass in der Gestaltung der Verträge zwischen Beratungsgesellschaft und Mandantin der Schlüssel für die Haftungsvermeidung im Rahmen der Krisenberatung liegt; zumindest sofern der Berater nicht Rechtsanwalt oder Steuerberater ist. Für letztere hatte der BGH in den vergangenen Jahren die haftungsauslösende Hinweispflicht in Bezug auf eine Insolvenzreife des Mandanten deutlich verschärft. Das OLG hat die Revision zum BGH nicht zugelassen; allerdings ist die Nichtzulassungsbeschwerde möglich.

Hinsichtlich der Vertragsgestaltung kam es nach Ansicht des Oberlandesgerichts auf folgende Punkte an, die gewissermaßen als Roadmap für die Vertragsgestaltung dienen können:

  • Der Wortlaut des Vertrages enthält eine abschließende Aufzählung der vereinbarten Dienstleistungen, was durch die Vermeidung von relativierenden Wörtern wie z.B. „insbesondere“, „beispielsweise“, „unter anderem“ oder „vor allem“ klar zustellen ist.
  • Der Vertrag enthält die Klarstellung, dass „sonstige Leistungen“ einer gesonderten schriftlichen Beauftragung bedürfen.
  • Der Leistungsumfang wird hervorgehoben an zentraler Stelle im Vertrag, z.B. unter einer Ziffer 1, geregelt.
  • Der Leistungsumfang wird im Detail beschrieben.
  • Der Vertrag vermeidet Generalklauseln, die zu einer – ggf. gewünschten – flexiblen Ausweitung des Leistungsumfanges führen.
  • Die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten wird – auch in sonstigen Schreiben an den Mandanten – ausdrücklich ausgeschlossen.
  • Der Vertrag sieht vor, dass der Mandant mit der Beratung in steuerlichen und rechtlichen Angelegenheiten Personen beauftragen wird, die zur Erbringung dieser Leistungen berechtigt sind, soweit dies erforderlich sein sollte („Beratungslücke“).
  • Der Vertrag enthält die Klausel, dass mündliche Nebenabreden ausgeschlossen werden; so kann der Behauptung einer späteren mündlichen Vereinbarung wirksam entgegnet werden.

Weitere Informationen unter https://www.insolvenzanfechtung-buchalik.de/beteiligte/berater

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