Arbeiten unter Palmen? Wann Remote Work im Ausland rechtlich zum Risiko wird
Immer mehr Arbeitnehmer möchten für ihren deutschen Arbeitgeber remote aus einem anderen Land, oft aus dem „sonnigen Süden“ der EU, arbeiten. Das klingt zumindest für Unternehmen, in denen die Tätigkeit aus dem Homeoffice weitgehend üblich ist, zunächst einmal einfach und unkompliziert, ist es in rechtlicher Hinsicht aber nicht. Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen arbeitsrechtliche, sozialrechtliche und steuerliche Aspekte beachten, und das im Wechselspiel der nationalen Rechtsordnungen und des europäischen Rechts.
1. Arbeitsrecht: Welches Recht gilt?
Grundsätzlich gilt, dass auf einen Arbeitsvertrag das Recht des Staates anzuwenden ist, in dem der Arbeitnehmer seine Arbeit gewöhnlich verrichtet (Art. 8 Abs. 2 ROM I Verordnung). Verlegt ein Arbeitnehmer also seinen Lebensmittelpunkt beispielsweise nach Spanien oder Italien, so ist auf das Arbeitsverhältnis kraft europäischen Rechts grundsätzlich spanisches bzw. italienisches Arbeitsrecht anzuwenden, unabhängig davon, ob der Arbeitgeber möglicherweise ein eher regional orientierter deutscher Mittelständler ist.
Nach Art. 8 Abs. 1 ROM I können die Parteien eines Arbeitsvertrags zwar eine Rechtswahl treffen. So können ein deutscher Arbeitgeber und sein im Homeoffice in Südeuropa arbeitender Arbeitnehmer vereinbaren, dass auf das Arbeitsverhältnis deutsches Arbeitsrecht anzuwenden ist. Es gilt jedoch, dass die Rechtswahl nicht dazu führen darf, dass dem Arbeitnehmer der Schutz entzogen wird, den er ohne entsprechende Rechtswahl hätte. Die arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften des Staates, in dem der Arbeitnehmer tätig ist, sind deshalb auch dann anzuwenden, wenn die Anwendung deutschen Arbeitsrechts vereinbart wurde.
Im Ergebnis hat der Arbeitnehmer also unter Umständen einen „doppelten Schutz“, nämlich den des deutschen Arbeitsrechts und den des Arbeitsrechts des Aufenthaltsstaates. Dies kann zu erheblichen Problemen führen, da die Arbeitsrechte der verschiedenen Staaten stark voneinander abweichen. Bedenkt man zudem, dass der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber vor den Gerichten des Landes, in dem er arbeitet, verklagen kann (Art. 21 Abs. 1 b) i) EUGVVO), wird deutlich, dass sich die auf den ersten Blick einfache Lösung der Vereinbarung deutschen Arbeitsrechts in der Praxis eher als unpraktisch erweist. Sinnvoller ist es oft, nach Rücksprache mit einem versierten Berater im Aufenthaltsland des Arbeitnehmers das dortige Arbeitsrecht zu vereinbaren.
2. Sozialrecht: Gilt die Sozialversicherungspflicht im Gastland?
Die Frage, in welchem Land der aus dem Ausland remote arbeitende Arbeitnehmer der Sozialversicherungspflicht unterliegt, ist zwar weniger komplex als die Frage des anwendbaren Arbeitsrechts. Sie spielt für den Arbeitnehmer und (aus Haftungsgesichtspunkten) für den Arbeitgeber jedoch eine zentrale Rolle.
Grundsätzlich unterliegt der Arbeitnehmer der Sozialversicherungspflicht in dem Land, in dem er lebt und arbeitet, zumindest dann, wenn er nur aus einem einzigen Mitgliedstaat der Europäischen Union arbeitet. Ein deutscher Arbeitnehmer, der sich entschließt, aus Italien für einen deutschen Arbeitgeber tätig zu sein, unterliegt also grundsätzlich der Sozialversicherungspflicht in Italien. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge nach den Regelungen des italienischen Rechts an den Träger der italienischen Sozialversicherungsträger (INPS) abführen muss.
Die einzige Möglichkeit, die Sozialversicherungspflicht im Gastland zu umgehen, ist oft der Versuch, eine Entsendung zu fingieren. Dies ist allerdings nur für maximal zwei Jahre zulässig und im Übrigen rechtlich heikel, da eine Entsendung nur vorliegt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zur Erledigung bestimmter Aufgaben in ein anderes Land schickt. Die Tätigkeit im Homeoffice aus dem Ausland ist hiervon nicht umfasst.
3. Steuerrecht: Wo wird versteuert?
Ähnlich wie im Sozialrecht sieht es auch im Steuerrecht aus: Grundsätzlich gilt, dass das Einkommen in dem Land zu versteuern ist, in dem der Arbeitnehmer arbeitet (sogenannter Tätigkeitsstaat). Es sei denn, der Arbeitnehmer hält sich dort weniger als 183 Tage im Jahr auf, wird von einem deutschen Arbeitgeber bezahlt und die Personalkosten werden nicht von einer Betriebsstätte des Arbeitgebers im Ausland getragen, dann wird die Steuer in Deutschland erhoben. Wer also aus dem Homeoffice im Ausland an mehr als 183 Tagen im Jahr für einen deutschen Arbeitgeber arbeitet, unterliegt also Steuerpflicht im Aufenthaltsstaat.
In steuerrechtlicher Hinsicht ist für Arbeitgeber außerdem die Frage einer Betriebsstätte im Aufenthaltsstaat des Arbeitnehmers von Bedeutung. Die Finanzbehörden einiger Mitgliedstaaten der Europäischen Union neigen nämlich dazu, bei der Tätigkeit von Arbeitnehmern ausländischer Arbeitgeber schnell eine Betriebsstätte des Arbeitgebers zu unterstellen, was zur Folge hat, dass der Arbeitgeber im Aufenthaltsstaat des Arbeitnehmers steuerpflichtig wird. Hier gilt es insbesondere, jegliche Befugnis des Arbeitnehmers zum Abschluss von Verträgen für den Arbeitgeber zu vermeiden, da eine solche Vertretungsbefugnis als Indiz für eine Betriebsstätte des Arbeitgebers gilt.
Fazit: Remote Work im Ausland – Arbeitgeber sollten rechtliche Risiken kennen
Die Beschäftigung von Mitarbeitern im Ausland birgt Chancen und erscheint in Zeiten des Fachkräftemangels interessant. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten jedoch unbedingt vorab prüfen, welche Vorschriften greifen, da sonst Nachzahlungen oder Doppelbelastungen drohen.
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