Wirtschaftsmediation – im Dornröschenschlaf oder eine echte Alternative zu gerichtlichen Verfahren?

Unsere Wirtschafts- und Arbeitswelt ist stark ausdifferenziert und auf viele Beteiligte sowohl national als auch international verteilt. Die Beteiligten bilden ihre Geschäftsbeziehungen in der Regel in Verträgen und Vereinbarungen ab. Der überwiegende Anteil des täglichen Geschäftslebens wird einvernehmlich abgewickelt bzw. auftretende Schwierigkeiten werden durch die Parteien selbst gelöst. Trotzdem bleibt eine Vielzahl von Fällen übrig, bei denen unterschiedliche Sichtweisen über die gegenseitigen Rechte und Pflichten zu Konflikten führen, die nicht mehr unmittelbar durch die Parteien selbst gelöst werden.

Ein klassischer Weg der Streitbeilegung in diesem Fall ist der Gang zu den Gerichten oder auch zu den Schiedsgerichten. Der Konflikt wird auf Dritte, wie Anwälte, Richter, Schiedsrichter etc. verlagert, die am Ende des Verfahrens eine „Lösung festlegen“. Das auf diesem Weg gefundene Ergebnis muss nicht zwangsläufig die Interessen beider Parteien berücksichtigen und bringt in der Regel eine lange Verfahrensdauer und hohe Verfahrenskosten mit sich.

Im internationalen Wirtschaftsleben, aber auch in Deutschland, entwickelten sich in den letzten Jahren nun Formen der „alternativen Streitbeilegung“. Die Mediation ist jedoch die einzige Möglichkeit der Streitbeilegung, bei der die Interessen aller Parteien gleichermaßen gehört und berücksichtigt werden und somit nach dem Prozess ein respektvoller Umgang miteinander wieder möglich ist.

Die Wirtschaftsmediation als mögliche Form der einvernehmlichen Streitbeilegung

Ein zentrales Merkmal der Mediation ist die Freiwilligkeit der Parteien, an einem solchen Verfahren teilzunehmen. Niemand kann z. B. per Gerichtsbeschluss zur Teilnahme gezwungen werden. Die Parteien können auch zu jeder Zeit der Mediation das Verfahren beenden. Die Mediation verhindert keine rechtlichen Schritte bei gerichtlichen Verfahren.

Es ist eine wesentliche Aufgabe des Mediators einen vertraulichen Rahmen durch ein strukturiertes Verfahren zu schaffen, damit die Parteien unbeschwert Lösungen suchen und formulieren können, die ihren Interessen möglichst nahekommen. Gelingt es im Rahmen einer Mediation auf diesem Wege eine einvernehmliche Lösung zu finden und diese in Form einer gut ausformulierten Vereinbarung zu dokumentieren, so besteht eine große Chance darauf, dass die Parteien mit dem Ergebnis auch zufrieden sind. Im Vergleich zu den gerichtlichen Wegen ist die Mediation in fast allen Fällen zeitlich schneller und verursacht geringere direkte und indirekte Verfahrenskosten.

Welche Streitigkeiten sind im wirtschaftlichen Bereich für eine Mediation geeignet?

Die (Wirtschafts-) Mediation ist insbesondere dann eine gute Wahl aus dem Werkzeugkasten der alternativen Streitbeilegungsmethoden, wenn die Situation technisch, rechtlich oder politisch schwierig bzw. komplex und der Konfliktverlauf bereits sehr verfahren ist. Auch internationale Streitigkeiten, die verschiedene Rechts- und Normsysteme betreffen können, sind für die Streitbeilegung durch eine Mediation häufig geeignet.

Die für die Mediation geeigneten Konflikte können im Außenverhältnis des Unternehmens zu seinen Geschäftspartnern als auch im Innenverhältnis der Institutionen des Unternehmens angesiedelt sein.

Beispiele von Streitigkeiten, die für eine Wirtschaftsmediation geeignet sind

Ablauf der Mediation

Im Mediationsgesetz wird die Mediation als ein strukturiertes Verfahren bezeichnet. Diese Strukturiertheit drückt sich darin aus, dass die Rollenverteilung in der Mediation klar geregelt ist und der Ablauf einem Phasenschema folgt.

Der Mediator hat eine wichtige Rolle in diesem Verfahren, ist aber nicht der zentrale Anlaufpunkt für die Lösungsfindung bzw. wird am Ende kein Urteil oder Schiedsspruch formulieren. Es ist das ausschließliche Privileg der Parteien, über die Inhalte und Ergebnisse zu bestimmen. Der Mediator ist für den Verfahrensablauf verantwortlich und sorgt dafür, dass ein streng vertraulicher Rahmen und eine angemessene Gesprächsatmosphäre gegeben sind. Auch der richtige Umgang mit Emotionen der Parteien zählt zu den Herausforderungen des Mediators.

Phasenschema der Mediation

Die Mediation selbst folgt in der Regel einem strukturierten Ablauf, welcher in Abhängigkeit von der Komplexität des Konflikts in mehr oder weniger Phasenschritte unterteilt wird. Die Vorbereitung einer Mediation entscheidet nicht selten über den späteren Erfolg des Verfahrens. Auch der Mediator muss sich in dieser Phase in die Sachverhalte einarbeiten und mit den Beteiligten den Rahmen für die Mediation abstimmen.

Grundsätzlich ist der Blickwinkel der Mediation in die Zukunft (Lösung) gerichtet. Damit gute Lösungsideen entstehen können, ist noch einmal im Rahmen eines solchen Verfahrens mittels einer Bestandsaufnahme das gemeinsame Verständnis des Sachverhalts zu klären. Im Anschluss daran gilt es neben den formulierten Forderungen der beteiligten Parteien die dahinterstehenden Interessen zu erforschen. Diese Phase verlangt von den Teilnehmern ein hohes Maß an Vertraulichkeit und die Bereitschaft zur konstruktiven Mitwirkung. Je besser die tatsächlichen Interessen der Parteien erarbeitet werden können, umso bessere Lösungsmodelle können gemeinsam entwickelt und hinsichtlich der Umsetzungsfähigkeit auch bewertet werden. In der sich anschließenden letzten Phase gilt es eine einvernehmlich gefundene Lösung in eine Mediationsvereinbarung zu überführen, wobei auch an dieser Stelle ein ausreichendes Maß an Genauigkeit und Regelungstiefe spätere Verständnisfragen erspart.

Zeitlicher Rahmen und Verfahrenskosten

Die Dauer eines Mediationsverfahrens hängt von der Komplexität und den Erwartungen der Beteiligten ab. Erfahrungen in diesem Bereich haben gezeigt, dass bei einer mittleren Komplexität ein Zeitrahmen von zwei bis fünf Wochen beansprucht wird. Während dieser Zeit muss sich der Mediator vorbereiten und die Mediationstermine werden durchgeführt,
sodass häufig bei der o. g. Komplexität zwischen fünf bis acht Tage zur Abrechnung kommen können.

Studien belegen, dass bereits ab einem Streitwert von 50 T€ das Mediationsverfahren in Bezug auf die Verfahrenskosten günstiger ist. Mit zunehmendem Streitwert werden gerichtliche Verfahren im Vergleich zur Mediation überproportional teuer.

Fazit

Das Mediationsverfahren ist kein Allheilmittel für alle Arten von Streitigkeiten. Bei komplexen Sachverhalten oder festgefahrenen Streitigkeiten bietet die Mediation eine interessante Alternative zu den gerichtlichen oder sonstigen Streitbeilegungsverfahren. Das Verfahren ist i. d. R. unkompliziert, schnell, wirtschaftlich und kann auch während eines laufenden Gerichtsverfahrens als eine weitere Möglichkeit eingesetzt werden. Sollte es im Rahmen einer Mediation doch zu keiner Einigung kommen, so kann der gerichtliche Weg unverändert weiter beschritten werden.

  • Die Mediation unterstützt die Lösungsfindung
    durch die Bereitstellung eines Rahmens durch den Mediator.
  • Die Mediation geht davon aus,
    dass die Konfliktparteien selbst die besten Experten für die Lösungsfindung sind.
  • Im Mediationsprozess
    entsteht i. d. R. ein besseres Verständnis der eigenen Interessen, der Interessen des „Gegenübers“ und des Hintergrundes, vor dem sich der Konflikt abspielt.
  • Am Ende des Mediationsprozesses steht
    eine (rechts-) verbindliche Regelung, deren Inhalte von den Parteien selbst gestaltet wurden und somit nachhaltig wirken.

Andreas Schmieg, Geschäftsführer plenovia GmbH

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