Absonderungsrechte in der Insolvenz – einfach erklärt

Im Rahmen einer Insolvenz ist oft von sogenannten Absonderungsrechten die Rede. Doch worum handelt es sich dabei eigentlich genau und wie wirkt es sich aus, wenn Gläubiger Absonderungsrechte geltend machen?

  1. Wann besteht ein Absonderungsrecht?

In einem Insolvenzverfahren ermöglicht ein sogenanntes Absonderungsrecht einem Gläubiger, die bevorzugte Befriedigung seiner Forderung aus einem Sicherungsrecht an einem Gegenstand zu verlangen, der zur Insolvenzmasse gehört.

Ein Recht zur Absonderung zu Gunsten eines Gläubigers besteht, wenn diesem an einem Vermögensgegenstand, der dem Schuldner und somit zur Masse gehört, vor Eintritt der Insolvenz ein Sicherungsrecht bestellt worden ist.

Zu den zur Absonderung berechtigenden Sicherungsrechten gehören insbesondere:

  • das Pfandrecht (§ 50 Abs. 1, Abs. 2 InsO),
  • die Sicherungsübereignung,
  • die Sicherungsabtretung,
  • die Hypothek und
  • die Grundschuld.

Im Gegensatz hierzu gibt es die sogenannten ungesicherten Insolvenzgläubiger. Dabei handelt es sich nach geltendem Insolvenzrecht um solche Gläubiger, die zwar eine Forderung gegen den Schuldner, aber kein Sicherungsrecht an einem zur Masse gehörenden Vermögensgegenstand haben.

  1. Welche Wirkung hat das Absonderungsrecht?

Das Absonderungsrecht stellt eine Ausnahme von dem ansonsten im Insolvenzrecht geltenden Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gläubiger dar. Die Gleichbehandlung aller Gläubiger erfordert, dass jeder von ihnen dieselbe prozentuale Quote aus der Masse erhält.

Absonderungsberechtigte Gläubiger werden also trotz des Grundsatzes der Gläubigergleichbehandlung bevorzugt behandelt, wenn ihnen an einem Vermögensgegenstand aus der Masse ein Absonderungsrecht zusteht. Dieses Recht hat zur Folge, dass der Gegenstand bis zur Höhe des Absonderungsrechts den übrigen Gläubigern nicht zur Erfüllung ihrer Ansprüche zur Verfügung steht.

Ihnen bleibt nach der Verwertung des Gegenstandes nur der Teilerlös übrig, der nach der abgesonderten Befriedigung des bevorzugt zu befriedigenden absonderungsberechtigten Gläubigers verbleibt. Bei der Bestimmung der Höhe des Absonderungsrechts wird nicht nur die Hauptforderung des Gläubigers berücksichtigt, sondern auch die auf die Hauptforderung angefallenen Zinsen und Kosten.

3. Beispiel für abgesonderte Befriedigung

Hat beispielweise ein Schuldner ein Fahrzeug finanziert und den Darlehensbetrag noch nicht vollständig zurückgezahlt, besteht bezüglich des Fahrzeuges üblicherweise eine Sicherungsübereignung zu Gunsten der finanzierenden Bank.

Im Falle der Verwertung des Fahrzeuges (in der Regel freihändiger Verkauf durch den Insolvenzverwalter), kommt es für die übrigen Gläubiger darauf an, ob der Verkaufserlös des Fahrzeuges die Darlehensforderung der Bank übersteigt.

Ist dies nicht der Fall, steht der gesamte Verwertungserlös aus dem Fahrzeug nach geltendem Insolvenzrecht der absonderungsberechtigten Bank zu. Eine Erlösverteilung an die ungesicherten Insolvenzgläubiger findet dann nicht statt.

Falls der Verkaufserlös die Darlehensforderung der Bank übersteigt, ist der nach Erfüllung der Insolvenzforderung der absonderungsberechtigten Bank verbleibende Restbetrag aus dem Verkaufserlös gleichmäßig an die übrigen Gläubiger zu verteilen.

Diese Regelung gilt sogar dann, wenn der Schuldner außer dem Fahrzeug über keine weiteren Vermögenswerte verfügt. Dann wäre nach Vornahme der abgesonderten Befriedigung der Bank keine an die ungesicherten Insolvenzgläubiger zu verteilende Masse mehr übrig und die ungesicherten Insolvenzgläubiger würden aus dem Insolvenzverfahren keine Ausschüttung erhalten.

4. Gesetzliche Vorschriften zum Absonderungsrecht

Die Insolvenzordnung (InsO) regelt das Absonderungsrecht in den §§ 49-52 InsO.

  1. Was ist der Unterschied zwischen Absonderungsrecht und Aussonderungsrecht?

Im Gegensatz zum Absonderungsrecht, das sich aus einem vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an einem dem Schuldner gehörenden Gegenstand bestellten Sicherungsrecht ergibt, ergibt sich ein Aussonderungsrecht ausschließlich in Bezug auf Gegenstände, die dem Schuldner gar nicht gehören, sondern im Eigentum eines Dritten stehen (z. B. geliehene Gegenstände oder Gegenstände, an denen ein Eigentumsvorbehalt besteht).

Dieser Dritte ist dann trotz einer Insolvenz zur sogenannten Aussonderung des Gegenstandes berechtigt und kann von dem Insolvenzverwalter die Herausgabe des Gegenstandes verlangen. Da der Schuldner nicht Eigentümer des Gegenstandes ist, fällt der Gegenstand – anders als die mit Absonderungsrechten belasteten Gegenstände – nicht in die Insolvenzmasse.

6. Teilnahme am Insolvenzverfahren durch Forderungsanmeldung

Da Gegenstände, an denen ein Aussonderungsrecht besteht, nicht in die Masse fallen, sind aussonderungsberechtigte Gläubiger nach geltendem Insolvenzrecht keine Insolvenzgläubiger, § 47 InsO.

Sie nehmen daher nach geltendem Insolvenzrecht nicht am Insolvenzverfahren teil und sind nicht darauf angewiesen, eine Insolvenzforderung beim Insolvenzverwalter zur Insolvenztabelle anzumelden.

Absonderungsberechtigte Gläubiger sind hingegen Insolvenzgläubiger, denen aber aus ihrem Absonderungsrecht ein Recht auf bevorzugte Erfüllung ihrer Forderungen gegenüber den ungesicherten Insolvenzgläubigern zusteht.

Ihnen steht also die Möglichkeit offen, ihre Forderungen zur Insolvenztabelle anzumelden. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass absonderungsberechtigte Gläubiger aufgrund ihrer Teilhabe am Verwertungserlös bereits im Zuge der Verwertung des Gegenstandes befriedigt werden, an dem sie ein Sicherungsrecht haben.

Die Anmeldung ihrer Forderungen zur Insolvenztabelle kann daher nur insoweit erfolgen, wie sie auf ihr Recht zur Absonderung verzichtet haben oder mit ihren Forderungen trotz der Teilhabe am Verwertungserlös ausgefallen sind.

Ausgefallen sind diese Gläubiger mit ihren Forderungen dann, wenn ihre gegen den Schuldner bestehende Forderung den mit der Verwertung des Gegenstandes, an dem sie ein Recht zur Absonderung hatten, erzielten Erlös übersteigt.

7. Privilegierung durch Aus- und Absonderungsrechte im Insolvenzverfahren

Es zeigt sich, dass Aus- und Absonderungsrechte im Insolvenzfall eine wichtige Rolle für die Bestimmung der Rechtsposition eines Gläubigers spielen, falls der Schuldner insolvent wird.

Es ist daher wichtig, sich schon bei Vertragsschluss für den Fall einer Insolvenz des Vertragspartners abzusichern, indem man sich Sicherungsrechte an Vermögenswerten des Vertragspartners einräumen lässt.

Die bevorzugte Erfüllung durch Teilhabe am Verwertungserlös ist für absonderungsberechtigte Gläubiger wirtschaftlich deutlich vorteilhafter als eine lediglich quotale Erfüllung aus der Masse, die einem ungesicherten Insolvenzgläubiger zusteht.

So beträgt die an die ungesicherten Insolvenzgläubiger auszuschüttende Quote oftmals nur 5 bis 10 Prozent des ursprünglichen Wertes ihrer zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderung.

Denken Sie also schon bei der Vertragsgestaltung an die Absicherung. Sollten Sie Beratungsbedarf haben, sprechen Sie uns gerne an!

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Claudia Rumma

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