Aus­wir­kun­gen des Eigen­ver­wal­tungs­ver­fah­rens auf die Liqui­di­tät und Bilanz des Unternehmens

Das deut­sche Insol­venz­recht bie­tet Beson­der­hei­ten, die so in kei­ner ande­ren Insol­venz­ord­nung imma­nent sind. Im Rah­men der Eigen­ver­wal­tung wer­den die­se Beson­der­hei­ten noch ver­stärkt.

Sowohl im Rah­men eines Eigen­ver­wal­tungs­ver­fah­rens als auch im Rah­men eines Regel­in­sol­venz­ver­fah­rens über- nimmt die Bun­des­agen­tur für Arbeit drei Mona­te rück- wir­kend von der Eröff­nung des Ver­fah­rens die Löh­ne und Gehäl­ter. Bei einem Unter­neh­men mit fünf­zig Mit­ar­bei­tern und einer monat­li­chen Brut­to­lohn­sum­me ein­schließ­lich Sozi­al­ab­ga­ben von etwa 150 TEu­ro macht dies einen Liqui- ditäts­vor­teil von 450 TEu­ro aus. Bei ent­spre­chend grö­ße­ren Unter­neh­men wird der Liqui­di­täts­vor­teil natür­lich deut­lich höher.Außerdem wird in dem Zeit­raum zwi­schen Insol­venz­an­trag­stel­lung und Eröff­nung das Unter­neh­men im Ergeb­nis nicht mit der Umsatz­steu­er belas­tet. Das gilt aller­dings nur in der Eigen­ver­wal­tung und nicht im Regel­in­sol­venz­ver­fah­ren. Alle Ver­bind­lich­kei­ten, die unge­si­chert sind und zum Zeit­punkt der Antrag­stel­lung bestehen, sind ein­fa­che Insolvenzforderungen.

Auf die­se For­de­rung wird in Zukunft nur noch ein Teil, näm­lich eine Quo­te, bezahlt. Die Quo­te liegt sel­ten über zwan­zig Pro­zent, sodass hier­durch ein erheb­li­cher Liqui­di­täts­vor­teil ent­steht, der sich aber meist erst spä­ter bemerk­bar macht, wenn die For­de­run­gen zu bedie­nen sind. Aller­dings wer­den wäh­rend des Ver­fah­rens weder Zin­sen noch Til­gun­gen an die Ban­ken geleis­tet und nur die Ware bzw. Dienst­leis­ter bezahlt, für For­de­run­gen, die nach Antrag­stel­lung ent­stan­den sind.

Bedingt durch die­se nicht erfolg­ten Aus­zah­lun­gen bei gleich­zei­tig nor­ma­len Ein­zah­lun­gen aus Umsät­zen baut sich erheb­li­che Liqui­di­tät im Unter­neh­men auf, wobei hier nur die wich­tigs­ten Quel­len genannt sind. Der ver­sier­te Bera­ter kennt noch zahl­rei­che wei­te­re Mög­lich­kei­ten, Liqui­di­tät wäh­rend des Ver­fah­rens zu gene­rie­ren. Gegen­läu­fig sind zwar Bera­tungs­auf­wand und Ver­fah­rens­kos­ten, die­se Kos­ten betra­gen jedoch meist bei ver­nünf­ti­ger Pla­nung und Gestal­tung durch den Bera­ter nur ein Drit­tel des gesam­ten Liqui­di­täts­vor­teils, sodass dem Unter­neh­men erheb­li­che  Liqui­di­tät  ver­bleibt  und  zusätz­li­che Bank­kre­di­te zur Kri­sen­be­wäl­ti­gung für die Zukunft meist über­flüs­sig sind.

Auf­bau von Liquidität

Ähn­lich sieht es auf der bilan­zi­el­len Sei­te aus. Durch die Nicht­be­die­nung von Alt­ver­bind­lich­kei­ten bzw. der Zahl­lung ledig­lich eines Bruch­teils der unge­si­cher­ten For­de­run­gen sowie dem Weg­fall von Nach­rang­for­de­run­gen (wie z. B. Mez­za­ni­ne-For­de­run­gen, die im Insol­venz­fah­ren über­haupt nicht bedient wer­den) ent­steht ein ganz erheb­li­cher Sanie­rungs­ge­winn, der das Eigen­ka­pi­tal maß­geb­lich stärkt.

Aus­wir­kun­gen auf das Eigenkapital

Mit nach­fol­gen­dem Schau­bild wer­den die Aus­wir­kun­gen einer bilan­zi­el­len Sanie­rung anhand eines Bei­spiel­fal­les auf­ge­zeigt. Die Zah­len sind das Ergeb­nis der Ver­hand­lun­gen mit den Gläu­bi­gern und daher abhän­gig von den Gege­ben­hei­ten des Einzelfalles.

Bei einem Insol­venz­plan bleibt der Rechts­trä­ger erhal­ten. Ledig­lich die Pas­siv­sei­te der Bilanz wird neu geregelt.

  •  Das Eigen­ka­pi­tal vor der bilan­zi­el­len Sanie­rung beträgt4.135 Mio. Euro und erhöht sich durch die Bilanz­maß­nah­men auf 12.290 Mio. Euro. Die Eigen­ka­pi­tal­quo­te steigt von 18,7 auf 70,4 Prozent.
  • Mez­za­ni­ne­ka­pi­tal ist Nach­rang­ka­pi­tal. Der Mez­za­ni­n­egläu­bi­ger fällt voll­stän­dig aus.
  • Von den Pen­si­ons­rück­stel­lun­gen im Bei­spiels­fall nur zehn Pro­zent, die als bestehen­blei­ben­de Rück­stel­lun­gen vom Unter­neh­men über­nom­men wer­den. Die rest­li­chen 90 Pro­zent über­nimmt der Pen­si­ons­si­che­rungs­ver­ein (PSV) und erhält dafür eine Bar­qou­te von zehn Pro­zent auf die ver­zich­te­ten Rück­stel­lun­gen. Die ver­si­cher­ten Arbeit­neh­mer erlei­den dadurch kei­ne Nach­tei­le, denn die gesi­cher­te Ren­te bezahlt in Zukunft der PSV.
  • Von den übri­gen Rück­stel­lun­gen ver­blei­ben im Bei­spiels­fall nur 85 TEUR, auf den Rest wird verzichtet.
  • Die Bank­ver­bind­lich­kei­ten sind durch Anla­ge­ver­mö­gen und Umlauf­ver­mö­gen abge­si­chert und blei­ben des­halb unver­än­dert gegen die Sicher­hei­ten bestehen, was mit den Ban­ken aller­dings zu ver­ein­ba­ren ist. Aus­zah­lun­gen erfol­gen kei­ne, was die Liqui­di­tät schont.
  • Die mit Eigen­tums­vor­be­halt gesi­cher­ten Lie­fe­ran­ten wer­den voll­stän­dig befriedigt.
  • Die unge­si­cher­ten Lie­fe­ran­ten wer­den mit 365 TEUR bedient und ver­zich­ten auf 90 Pro­zent ihrer Forderungen.
  • Die unge­si­cher­ten Anlei­he­gläu­bi­ger wer­den mit 366 TEUR bedient und ver­zich­ten auf 95 Pro­zent ihrer Forderungen.
  • Die Bun­des­agen­tur für Arbeit hat wäh­rend des Ver­fah­rens eine For­de­rung von 286 TEUR auf­ge­baut und erhält hier­auf zehn Pro­zent (28 TEUR). Auf den Rest ver­zich­tet sie.

Die unge­si­cher­ten Gläu­bi­ger sind zu den hohen Ver­zich­ten bereit, da vor­her nach­ge­wie­sen wur­de, dass sie im Rah­men einer Liqui­da­ti­on noch deut­lich weni­ger erhal­ten würden.Am Ende des Ver­fah­rens ste­hen eine Liqui­di­täts­si­tua­ti­on und eine Bilanz, die das Unter­neh­men ganz erheb­lich stär­ken und mit neu­em Schwung in die Zukunft star­ten lassen.

Denn durch die Plan­in­sol­venz in Eigen­ver­wal­tung bleibt der ursprüng­li­che Rechts­trä­ger erhal­ten. Das Unter­neh­men wird also nicht zer­schla­gen oder im Wege eines Asset Deals die Akti­va an einen Drit­ten verkauft.Das führt dazu, dass die Aktiv­sei­te der Bilanz wäh­rend des Ver­fah­rens meist unver­än­dert bleibt, wäh­rend die Pas­siv­sei­te dadurch gestärkt wird, dass sich durch die erheb­li­chen Ver­zich­te der Gläu­bi­ger die Sum­me der Ver­bind­lich­kei­ten deut­lich redu­ziert, was unmit­tel­bar zu einer Erhö­hung des Eigen­ka­pi­tals führt. Nicht sel­ten tre­ten durch die­ses Ver­fah­ren Ver­bes­se­run­gen der Eigen­ka­pi­tal­quo­te von sieb­zig Pro­zent oder mehr ein.

Der dadurch ent­ste­hen­de Sanie­rungs­ge­winn ist sowohl in gewer­be­steu­er­li­cher als auch in ertrags­steu­er­li­cher Sicht steu­er­frei. Das muss vor­her im Wege ver­bind­li­cher Aus­künf­te bei der zustän­di­gen Gemein­de für die Gewer­be­steu­er und beim Wohn­sitz­fi­nanz­amt für die Kör­per­schaft­steu­er, sofern es sich um eine Kapi­tal­ge­sell­schaft han­delt oder die Ein­kom­men­steu­er bei einer Per­so­nen­ge­sell­schaft geklärt werden.

Die ent­spre­chen­de gesetz­li­che Rege­lung muss noch von der EU-Kom­mi­si­on geneh­migt wer­den. Die­se Geneh­mi­gung wird jedoch zeit­nah erwar­tet. Bei der ver­bind­li­chen Aus­kunft kön­nen jedoch erheb­li­che Feh­ler gemacht wer­den. Ohne pro­fes­sio­nel­le Bera­ter­un­ter­stüt­zung ist die Gefahr sehr groß, dass es doch zur Steu­er­erhe­bung kommt und die Sanie­rung dann an der Steu­er­be­las­tung scheitert.

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