Wirtschafts- und Unternehmensstrafrecht

Was ist mit den Begriffen „Wirtschaftsstrafrecht“ oder „Unternehmensstrafrecht“ gemeint? Wir erklären es Ihnen gerne.

I. Was ist das Wirtschaftsstrafrecht?

Beim Wirtschaftsstrafrecht handelt sich um einen Sammelbegriff für verschiedene Straftatbestände, die im weitesten Sinne mit der Wirtschaft zu tun haben. Davon erfasst sind insbesondere folgende Straftatbestände:

Beispiel: Der Unternehmer kauft Ware von seinem Geschäftspartner und lässt sich diese liefern, obwohl er weiß, dass er sie nicht bezahlen kann.

  • § 264 StGB Subventionsbetrug

Beispiel: Der Täter beantragte im Zeitraum vom 29. März bis 1. Mai 2020 in vier Bundesländern in insgesamt sieben Fällen für seine tatsächlich nicht existierenden Kleingewerbe sogenannte Corona-Hilfen aus den Soforthilfeprogrammen des Bundes („Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020“) und der Bundesländer. In drei Fällen nutzte er fremde Personendaten. Die beantragten Gelder kamen in vier Fällen zur Auszahlung; insgesamt erlangte der Täter auf diese Weise 50.000 Euro (vgl. BGH, Beschluss vom 04. Mai 2021 – 6 StR 137/21).

  • § 264a StGB Kapitalanlagebetrug

Beispiel: Aus dem Prospekt einer Anlage geht nicht hervor, dass die Umsatz- und Gewinnentwicklung nur durch die Aufnahme neuer Gesellschafter und gerade nicht durch das operative Geschäft möglich wird (sogenanntes Schneeballsystem).

Beispiel: Dem Prokuristen steht gemäß § 49 Abs. 1 HGB eine umfangreiche Vertretungskompetenz für das Unternehmen zu. Wird diese Kompetenz im Innenverhältnis beschränkt, kann er das Unternehmen dennoch entgegen der Vereinbarung im Außenverhältnis wirksam verpflichten. Eine Strafbarkeit gemäß § 266 StGB kommt in Betracht.

  • Korruptionsdelikte: Bestechung und Bestechlichkeit im Geschäftsverkehr
    (§ 299 StGB), Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung u. a.

Beispiel: Der Angestellte eines Unternehmens fordert von einem potenziellen Geschäftspartner eine finanzielle Beteiligung dafür, dass er bei seinem Chef Einfluss auf die Vergabe eines Auftrags nimmt. Anderenfalls werde er den Auftrag verhindern und der Konkurrenz zukommen lassen. Der potenzielle Geschäftspartner zahlt. Eine Strafbarkeit gemäß § 299 StGB kommt in Betracht.

  • Insolvenzstraftaten, Insolvenzverschleppung gemäß § 15a Abs. 4 InsO und Bankrott gemäß §§ 283 ff. StGB  (Insolvenzstrafrecht).

Aufgrund der komplexen wirtschaftlichen Zusammenhänge und dem teilweise hohen Strafmaß empfehlen wir Ihnen einen wirtschaftlich versierten Anwalt für Strafrecht zu mandatieren.

Wir stehen auf Ihrer Seite! Nehmen Sie Kontakt auf!

II. Was sind Arrest und Einziehung?

Kurz gesagt bedeuten Arrest oder Einziehung: Der Staat nimmt ihr Vermögen.

Ist die Staatsanwaltschaft der Meinung, dass Sie aus einer Straftat Vermögenswerte erlangt haben, kann die Staatsanwaltschaft diese vorläufig sichern. Dieses Sicherungsmittel heißt Arrest und wird durch einen Gerichtsbeschluss angeordnet. Im Wege des Arrests kann die Staatsanwaltschaft im Vorfeld also Ihre Bankkonten sperren („einfrieren“, „dicht machen“). Wichtig: Es gibt seit dem 01.07.2017 keine zeitliche Grenze für diese Maßnahme. Eine Grenze kann lediglich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gefordert werden. Dieser Grundsatz ist auch die einzige Hürde für die Staatsanwaltschaft.

Später entscheidet dann in der Regel ein Gericht, ob und in welchem Umfang Sie im Falle Ihrer Verurteilung diese Vermögensgegenstände verlieren. Das aus einer Straftat erlangte wird ebenso eingezogen (§ 111b StPO) wie die Vermögenswerte, die an die Stelle getreten sind (sog. Wertersatz gemäß § 111e StPO). Wurde das gestohlene Fahrzeug bspw. bereits verkauft, kann der Kaufpreis, z. B. Bargeld oder Kontoguthaben, eingezogen werden.

Der Gesetzgeber hat auch klargestellt, dass die Einziehung zum Regelfall werden soll nach dem Motto: „Verbrechen darf sich nicht lohnen“ – „crime must not pay“.

Sie werden also in der Regel mit Arrest und Einziehung konfrontiert, wenn Ihnen Vermögensdelikte vorgeworfen werden. Erlangen Sie von einem Ermittlungsverfahren Kenntnis, sollten Sie unverzüglich einen Anwalt beauftragen, damit dieser Abwehrmaßnahmen ergreifen kann.

Tipp von unseren Experten:

Die Einziehung durch den Staat ist ausgeschlossen, soweit der Anspruch des Geschädigten auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Wertersatz ausgeschlossen ist (§ 73e Abs. 1 StGB). Das Einziehungsrecht knüpft also an das Zivilrecht an. Erlässt Ihnen der Geschädigte Ihre Schuld oder erfüllen Sie diese (teilweise mit Teilverzicht), dann ist der Staat an der Einziehung und der Forderung von Wertersatz gehindert.

III. Was hat es mit dem Unternehmensstrafrecht auf sich?

Der Begriff Unternehmensstrafrecht beschreibt Straftatbestände, die im weitesten Sinne mit einem Unternehmen in Zusammenhang stehen. 

Es mag Sie überraschen, aber Unternehmen können sich in Deutschland nicht strafbar machen. Strafrechtlich verantwortlich sind die für das Unternehmen handelnden Personen. So wird im „Dieselskandal“ also nicht die Volkswagen AG oder Audi bestraft, sondern die für diese juristischen Personen handelnden Vorstände und verantwortlichen Mitarbeiter. Bislang gibt es kein Unternehmensstrafrecht in Deutschland. Bisherige Gesetzesentwürfe (zum Beispiel des Landes Nordrhein-Westfalen oder der Kölner Entwurf für ein Verbandsstrafrecht einer an der Universität zu Köln eingerichteten Forschungsgruppe) sind vorerst gescheitert.

Insofern müssten Sie sich eigentlich keine Sorge machen, dass Ihr Unternehmen bestraft wird. Eigentlich, denn:

Faktisch erfolgt eine Bestrafung des Unternehmens durch das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG). Nach § 30 OWiG können auch gegen Unternehmen Geldbußen von bis zu zehn Millionen Euro festgesetzt werden („Verbandsgeldbuße“). Voraussetzung ist, dass eine mit der Leitung des Unternehmens betraute Person eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit begangen hat, bei der Pflichten des Unternehmens verletzt worden sind oder aber, die zu einer Bereicherung des Unternehmens geführt haben. Im Fall der Bereicherung kann diese gemäß § 17 Abs. 4 OWiG eingezogen werden („abgeschöpft“).

So einfach dies klingt, so kompliziert ist es in der Praxis!

Neben der hohen Geldbuße führt die Rufschädigung bzw. der Imageschaden zu erheblichen Problemen für das Unternehmen. Daher ist es wichtig, dass das Unternehmen von der Möglichkeit Gebrauch macht, selbst einen Anwalt zu beauftragen, der sich aktiv am Ermittlungs- und Strafverfahren im Auftrag des Unternehmens beteiligt.

Ihre Ansprechpartner

Philipp Wolters

Partner, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
T +49 211 828 977–245
E ed.wa1710837737l-rbb1710837737@sret1710837737low1710837737
Zum Profil

Philipp Wolters LL.M. (UK)
Sascha Borowski

Geschäftsführer, Partner, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
T +49 211 828 977–200
E ed.wa1710837737l-rbb1710837737@iksw1710837737orob1710837737
Zum Profil

Sascha Borowski