
Branche: Maschinen- und Anlagenbau
Standort: Burg
Jahr: 2013
Mitarbeiter: 100
Umsatz: 15 Mio. Euro
G.M.W. Präzisions GmbH & Co. KG
Bedingt durch die Krise im Schiffsbau und die Unsicherheiten bei der Förderungen von Windenergieanlagen (WEA) brachen die Umsätze der G.M.W. Präzisions GmbH & Co. KG in 2010 von ursprünglich ca. 21 Mio. Euro um rund die Hälfte ein. Während der Maschinenbauer die Verluste noch kompensieren konnte, brachten die hohen Kapitaldienste für getätigte Investitionen die G.M.W. in eine finanzielle Schieflage. Nach erfolglosen Umfinanzierungsverhandlungen stellte das Unternehmen aus Burg (Magdeburg) Mitte August 2013 einen Antrag auf Durchführung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung.
G.M.W. wurde 1991 in Sachsen-Anhalt gegründet. Aus ursprünglich fünf Mitarbeitern wurden bald 122, die Großgussteile (Stahl und Gusseisen) mit einem Gewicht von bis zu 100 Tonnen durch Bohren, Fräsen und Drehen einbaufertig bearbeiten. Die Produkte werden an die großen Turbinenhersteller im Schiffsbau und an die WEA-Hersteller weiterverkauft. Schnell erwarb sich das Unternehmen den Ruf, eines der besten Unternehmen in der mechanischen Bearbeitung von Großteilen zu sein.
Liquiditätsschonende Kapitaldienste waren nicht notwendig
Dieses schnelle Wachstum erforderte Investitionen im Maschinenbereich, deren Finanzierungen auf das bestehende Umsatzniveau und die bisherigen Gewinne ausgerichtet waren. Mit Wegbrechen der Umsätze konnten die Tilgungsleistungen nicht mehr vollumfänglich erbracht werden. Aus heutiger Sicht waren die Finanzierungen nicht optimal strukturiert. Man hatte relativ kurzfristige Zeiträume gewählt, die zu sehr hohen Belastungen führten, und die einzelnen Maßnahmen nahezu gleichzeitig und mit gleicher Laufzeit abgeschlossen. Hierdurch mussten für eine recht kurze Zeit sehr hohe Tilgungsleistungen erbracht werden, die dann aber nahezu gleichzeitig weggefallen wären. Ein liquiditätsschonender Mix aus verschiedenen Laufzeiten war mit Blick auf die damaligen hohen Gewinne seinerzeit nicht notwendig.
Sanierungsversuche im Vorfeld des Verfahrens
Zunächst hatte G.M.W. diverse Verhandlungen mit den Finanzierern geführt. Ziel war die Reduzierung und Streckung der Leasing- und Mietkaufraten. Hier konnte ein temporärer Standstill erreicht werden, dessen Fortsetzung aber von unakzeptablen Zugeständnissen abhängig gemacht wurde (Übertragung der Geschäftsanteile in eine Treuhand). In dieser Phase wurde Buchalik Brömmekamp mandatiert, die die Finanzierergespräche begleitete, im Rahmen eines IDW S 6-Gutachtens die Fortführungsfähigkeit des Unternehmens prüfte und weitere Sanierungsansätze im operativen Bereich identifizierte. Trotz festgestellter Fortführungsfähigkeit konnte die Gesamtfinanzierung nicht umgesetzt werden, da eine große Leasinggesellschaft nicht einlenkte. Mit Auslaufen des Standstills bestand damit Antragspflicht wegen Illiquidität.
Vorbereitende Maßnahmen
Parallel zur Gutachtenerstellung war ein Planverfahren in Betracht gezogen worden. Mit Beginn der Antragspflicht wurde vorsorglich der Insolvenzantrag erstellt. Nachdem eine Einigung mit den finanzierenden Instituten endgültig scheiterte, wurde der Insolvenzantrag durch die Geschäftsführung mit Unterstützung von Buchalik Brömmekamp erstellt.
In einem Vorgespräch mit den beiden Insolvenzrichtern des Amtsgerichts Stendal wurden die Anträge vorbesprochen und die Abläufe abgestimmt. Die Richter zeigten sich in dem konstruktiven Gespräch im Hinblick auf die vorgesehene Vorgehensweise sehr aufgeschlossen. Der Termin der Antragstellung und die beizubringenden Unterlagen wurden mit den Richtern einvernehmlich abgesprochen.
Darüber hinaus fanden weitere Vorgespräche statt:
- mit der HSBC und dem Dienstleister, um die Insolvenzgeldvorfinanzierung sicherzustellen;
- mit der Versicherung, die die Mitglieder des Gläubigerausschusses, den vorläufiger Sachwalter und die Geschäftsführer im Verfahren versichern sollte;
- mit den potenziellen Gläubigerausschussmitgliedern.
Antragsstellung und erste Maßnahmen
Wie zuvor besprochen, folgte das Amtsgericht unseren Anträgen und ordnete die Eigenverwaltung an. Darüber hinaus setzte das Gericht den Gläubigerausschuss in der von uns vorgeschlagenen Zusammensetzung ein. Weiterhin wurde antragsgemäß beschlossen, dass betriebsnotwendige Maschinen bei G.M.W. verbleiben müssen und dem Zugriff der Eigentümer/Finanzierer entzogen werden. Zum vorläufigen Sachwalter bestimmte das AG Rechtsanwalt Christian Graf Brockdorff, der noch am selben Tag das Unternehmen besuchte.
Weiterhin fand eine Belegschaftsversammlung unter seiner Mitwirkung statt, in der die Mitarbeiter über die Hintergründe des Verfahrens, über deren Ablauf und die Insolvenzgeldfinanzierung informiert wurden. Irritationen konnten somit vermieden werden. Weiterhin trug zur Motivation der Mitarbeiter bei, dass die Geschäftsführung keine Entlassungen vornehmen musste. In der konstituierenden Sitzung des Gläubigerausschusses wurde die beantragte Verfahrensweise bestätigt; man sprach sich einstimmig für die Eigenverwaltung und Rechtsanwalt Graf Brockdorff als vorläufigen Sachwalter aus. Die weitere Information der Mitglieder sollte über monatliche Sitzungen erfolgen. Ebenso wurde eine Satzung vereinbart, die wichtigsten Positionen zum Gang des Verfahrens, dem Einbezug des vorläufigen Gläubigerausschusses sowie seine Rechte und Pflichten aber auch Haftungsrisiken besprochen. Die Buchhaltung wurde für die Dauer des Verfahrens neu aufgesetzt, ein Reporting installiert.
Unverzüglich fanden zahlreiche Kundenbesuche statt und mit den Partnern in den USA wurden Telefonkonferenzen durchgeführt. Sämtliche Partner befürworteten die Eigenverwaltung und unterstützten das Unternehmen mit Zusatzaufträgen. In der Folge konnte der Geschäftsbetrieb problemlos weitergeführt werden. Gleichzeitig wurden operative Sanierungsansätze in die Tat umgesetzt. Wesentlicher Faktor der finanziellen Neuordnung war die Umfinanzierung des Maschinenparks: Anstatt vieler Leasinggesellschaften wurde der Abschluss eines Sale-and-Lease-Back-Vertrages mit einem einzigen Unternehmen vorgenommen. Da im Eröffnungsverfahren bei Eigenverwaltung keine Umsatzsteuer abgeführt werden muss bzw. abgeführte Steuern später angefochten werden können, wurde ein siebenstelliger Liquiditätszufluss erreicht. Die notwendigen Verhandlungen beanspruchten zwar mehr Zeit als vorgesehen, doch konnten wir mit Zustimmung des Sachwalters und des Gläubigerausschusses das vorläufige Verfahren um einen Monat verlängern. Die notwendige Anpassung des Insolvenzgeldzeitraumes wurde durch die Agentur für Arbeit und die zwischenfinanzierende Bank wohlwollend begleitet.
Eröffnetes Verfahren
Zur Eröffnung des Verfahrens stand uns damit ein nennenswerter Liquiditätspuffer zur Verfügung. Das Insolvenzverfahren wurde nach unseren Vorstellungen eröffnet, Sachwalter und vorläufiger Gläubigerausschuss blieben im Amt und die Eigenverwaltung wurde aufrecht erhalten. Der Geschäftsbetrieb wurde in dieser Phase problemlos fortgeführt. Wesentlicher Sanierungsansatz war die Verstärkung der Geschäftsleitung durch einen kaufmännisch versierten Vertriebler. Parallel dazu wurde der vorbereitete Insolvenzplan fertiggestellt. Je nach Feststellung der Forderungen durch den Sachwalter wird sich hieraus eine Quote ableiten lassen, die deutlich höher sein wird als die im Liquidationsfall zur Auszahlung kommende Quote. Zwei Besonderheiten weist der Plan aus: Im Vertrauen auf die Sanierungsfähigkeit stehen drei Banken mit den bestehenden Verbindlichkeiten der G.M.W. weiter zur Verfügung. Sie erhalten deshalb eine 100 %-ige Quote, die durch weiter belassene Kredite befriedigt werden. Außerdem bleiben die durch thesaurierte Gewinne entstandenen Gesellschafterdarlehen nachrangig bestehen. Das gibt den Gesellschaftern die Möglichkeit, anstatt später Gewinnentnahmen zu tätigen, die zu versteuern sein werden, ihre stehen gebliebenen, bereits versteuerten Darlehen zu entnehmen.
Ausblick
Zum Zeitpunkt dieses Aufsatzes ist der Planentwurf auf der Basis der Unternehmensbuchhaltung erstellt und die Struktur des Planes durch den Gläubigerausschuss und die Sachwaltung genehmigt. Der Entwurf liegt dem Richter zur Prüfung vor. Der Plan soll in Kürze rechtskräftig werden. Signale aus der Gläubigerschaft lassen auf eine breite Annahme schließen. Damit kann das Unternehmen wieder auf festen Füssen stehen und so konnten nicht zuletzt in der strukturschwachen Region Sachsen-Anhalt über 100 Arbeitsplätze langfristig gerettet werden.


