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Über­schul­dung – Der unter­schätz­te Insolvenzgrund

Ist ein Schuld­ner man­gels aus­rei­chen­der Liqui­di­tät nicht mehr in der Lage all sei­ne Zah­lungs­ver­pflich­tun­gen pünkt­lich zu bedie­nen, erkennt er in aller Regel Hand­lungs­be­darf und sucht sich im Ide­al­fall insol­venz­recht­li­che Bera­tung.

Bei der Über­schul­dung benö­tigt die Erkennt­nis der Geschäfts­lei­tung meist etwas mehr Zeit, da sie in aller Regel erst mit eini­ger Ver­zö­ge­rung durch den Jah­res­ab­schluss fest­ge­stellt wird. Dabei kön­nen im Fal­le einer insol­venz­recht­li­chen Über­schul­dung erheb­li­che Haf­tungs­ris­ken für die Geschäfts­lei­tung bestehen, wenn Sie nicht recht­zei­tig geeig­ne­te Gegen­maß­nah­men ergreift. Der Insol­venz­grund Über­schul­dung wird inso­weit häu­fig unterschätzt.

Wir möch­ten Sie daher im Fol­gen­den für die Merk­ma­le einer insol­venz­recht­li­chen Über­schul­dung sen­si­bi­li­sie­ren, mög­li­che Kon­se­quen­zen unter­schied­li­cher Über­schul­dungs­stu­fen erläu­tern und Ihnen sinn­vol­le Wege aus der Kri­se aufzeigen.

  1. Was bedeu­tet Überschuldung?

Eine Über­schul­dung kann all­ge­mein defi­niert wer­den als Situa­ti­on, in der das Ver­mö­gen eines Schuld­ners die bestehen­den Ver­bind­lich­kei­ten nicht mehr deckt.

2. Was ist der Unter­schied zwi­schen ver­schul­det und überschuldet?

Von einer Ver­schul­dung spricht man all­ge­mein, wenn ein Unter­neh­men oder eine Per­son Schul­den hat. Die­ser Umstand muss aber nicht gleich Anlass zur Beun­ru­hi­gung geben. Denn in vie­len Fäl­len müs­sen z.B. durch­aus sinn­vol­le Anschaf­fun­gen auf­grund hoher Kos­ten finan­ziert werden.

Von einer Über­schul­dung spricht man hin­ge­gen, wenn es auf­grund eines gewis­sen Gra­des der Ver­schul­dung nicht mehr gelingt, sämt­li­che Ver­bind­lich­kei­ten mit dem zur Ver­fü­gung ste­hen­den Ver­mö­gen sowie den zu erwar­ten­den Ein­nah­men plan­mä­ßig zu bedienen.

3. Wann liegt eine bilan­zi­el­le Über­schul­dung vor?

Wie bereits ein­gangs erwähnt liegt eine Über­schul­dung per Defi­ni­ti­on grund­sätz­lich dann vor, wenn die Ver­mö­gens­mas­se nicht mehr die Schul­den deckt.

In der Regel gibt eine aktu­el­le Bilanz Auf­schluss über das Bestehen einer bilan­zi­el­len Überschuldung.

Die Geschäfts­lei­tung soll­te bei einem in der Bilanz aus­ge­wie­se­nen, nicht durch Eigen­ka­pi­tal gedeck­ten Fehl­be­trag auf­merk­sam werden.

4. Wel­che Kon­se­quen­zen hat eine bilan­zi­el­le Überschuldung?

Eine bilan­zi­el­le Über­schul­dung bedeu­tet nicht auto­ma­tisch auch eine insol­venz­recht­li­che Über­schul­dung. Aller­dings ergibt sich hier­aus ein wei­te­rer Hand­lungs­auf­trag an die Geschäftsleitung.

Die­se hat allein schon aus eige­nem Inter­es­se zur Ver­mei­dung erheb­li­cher Haf­tungs­ri­si­ken auch das Vor­lie­gen einer insol­venz­recht­li­chen Über­schul­dung zu prü­fen und sich hin­sicht­lich etwa­ig bestehen­der Sanie­rungs­op­tio­nen durch einen erfah­re­nen Anwalt, idea­ler­wei­se einen Fach­an­walt für Insol­venz­recht, recht­lich bera­ten zu lassen.

Das in Deutsch­land gel­ten­de Insol­venz­recht wur­de über die letz­ten knapp zehn Jah­re fort­lau­fend wei­ter­ent­wi­ckelt. Es bie­tet für über­schul­de­te Schuld­ner mit dem Insol­venz­ver­fah­ren in Eigen­ver­wal­tung bzw. dem Schutz­schirm­ver­fah­ren zwei sehr geeig­ne­te Sanie­rungs­in­stru­men­te, die den Erhalt und die Fort­füh­rung des Geschäfts­be­triebs bei zugleich best­mög­li­cher Befrie­di­gung der Gläu­bi­ger zum Ziel haben.

Ist Ihr Betrieb über­schul­det, soll­ten Sie sich statt an eine Schuld­ner­be­ra­tung direkt an einen fach­kun­di­gen Anwalt wen­den. Denn er kann sie auch in dem Spe­zi­al­fall der Unter­neh­mens­sa­nie­rung unter Insol­venz­schutz fach­kun­dig beraten.

5. Wann liegt eine insol­venz­recht­li­che Über­schul­dung vor?

Die Defi­ni­ti­on lie­fert in die­sem Fall das Gesetz selbst. Dem­nach liegt eine Über­schul­dung gem. § 19 Abs. 2 InsO vor, wenn

  1. das Ver­mö­gen des Schuld­ners die bestehen­den Ver­bind­lich­kei­ten nicht mehr deckt,
  2. es sei denn, die Fort­füh­rung des Unter­neh­mens in den nächs­ten zwölf Mona­ten ist nach den Umstän­den über­wie­gend wahrscheinlich.

Eine posi­ti­ve Fort­be­stehens­pro­gno­se setzt vor­aus, dass das Unter­neh­men in den nächs­ten zwölf Mona­ten in der Lage ist, sei­nen fäl­lig wer­den­den Ver­pflich­tun­gen regel­mä­ßig nach­zu­kom­men. Es han­delt sich hier­bei also im Ergeb­nis um eine Pro­gno­se der Zah­lungs­fä­hig­keit.

Eine posi­ti­ve Fort­füh­rungs­pro­gno­se liegt nach all­ge­mei­ner Auf­fas­sung vor, wenn die Aus­wer­tung der Finanz­pla­nung ergibt, dass die Wahr­schein­lich­keit der Erfül­lung der Zah­lungs­ver­pflich­tun­gen grö­ßer als 50 Pro­zent ist.

Soll­te die Fort­füh­rungs­pro­gno­se nega­tiv aus­fal­len, ist im nächs­ten Schritt eine Über­schul­dungs­bi­lanz zu erstellen.

Ist die Fort­füh­rungs­pro­gno­se dem­nach nega­tiv, besteht in Deutsch­land eine Insol­venz­an­trags­pflicht.

Neben dem Schuld­ner kön­nen auch ein oder meh­re­re Gläu­bi­ger einen Insol­venz­an­trag stellen.

Wenn Sie wei­te­re Fra­gen zu dem The­ma haben, zögern Sie bit­te nicht Kon­takt mit uns auf­zu­neh­men. Alter­na­tiv fin­den Sie vie­le wei­te­re nütz­li­che Infor­ma­tio­nen rund um die The­men Insol­venz und Insol­venz­ver­fah­ren auf unse­rer Web­site oder abon­nie­ren Sie unse­ren Newsletter.

6. Wel­che Kon­se­quen­zen hat eine insol­venz­recht­li­che Überschuldung?

Kon­se­quen­zen erge­ben sich bei einer insol­venz­recht­li­chen Über­schul­dung nur für u.a. fol­gen­de im Rechts­ver­kehr belieb­te Rechtsformen:

  • GmbH
  • AG
  • e.V.
  • GmbH & Co. KG

Denn nur wenn ein Schuld­ner u.a. in einer der vor­ge­nann­ten Rechts­for­men orga­ni­siert ist, ist die Über­schul­dung ein Insol­venz­grund. Liegt sie vor, besteht für die Geschäfts­lei­tung die Pflicht einen Insol­venz­an­trag zu stel­len. Hier­durch wird zugleich ein Insol­venz­ver­fah­ren eingeleitet.

Es ist grund­sätz­lich auch mög­lich, dass ein Gläu­bi­ger einen soge­nann­ten Fremd­an­trag über das Ver­mö­gen der über­schul­de­ten Gesell­schaft stellt.

Ist der Schuld­ner ein Ver­brau­cher, dann ist eine bestehen­de Über­schul­dung kein Insol­venz­grund. Es kann auf der Basis also kein Insol­venz­an­trag gestellt und damit auch nicht die Pri­vat­in­sol­venz ein­ge­lei­tet werden.

Wir ste­hen Ihnen bei Bera­tungs­be­darf ger­ne zur Sei­te. Soll­ten Sie Inter­es­se an regel­mä­ßi­gen Neu­ig­kei­ten aus dem Sanie­rungs- und Wirt­schafts­recht haben, abon­nie­ren Sie unse­ren News­let­ter oder schau­en Sie sich auf unse­rer Web­site um.

7. Bedeu­tet Über­schul­dung auch zeit­gleich Zahlungsunfähigkeit?

Nein, denn eine Über­schul­dung ist unab­hän­gig von einer Zah­lungs­un­fä­hig­keit zu betrach­ten. Bei­de Insol­venz­grün­de ste­hen neben­ein­an­der, was sich aus der unter­schied­li­chen Ziel­rich­tung ergibt.

Bei der Prü­fung einer Über­schul­dung wird die Ver­mö­gens­la­ge des Unter­neh­mens sowie deren Ent­wick­lung über die nächs­ten zwölf Mona­te bewertet.

Hin­sicht­lich der Prü­fung einer bestehen­den Zah­lungs­un­fä­hig­keit wird ein stich­tags­be­zo­ge­ner Liqui­di­täts­sta­tus unter Berück­sich­ti­gung einer kur­zen 3‑Wo­chen-Frist erstellt. Dabei wer­den die bestehen­den Ver­bind­lich­kei­ten den ver­füg­ba­ren liqui­den Mit­teln gegenübergestellt.

In der Pra­xis zeigt sich jedoch, dass über­schul­de­te Unter­neh­men in aller Regel auch zah­lungs­un­fä­hig sind.

Ist ein Unter­neh­men zah­lungs­un­fä­hig, besteht die Pflicht, durch einen Antrag die Insol­venz einzuleiten.

Für Ver­brau­cher besteht die­se Pflicht nicht. Jedoch soll­ten sich Men­schen, die sich von ihren Schul­den erdrückt füh­len eine Schuld­ner­be­ra­tung, wie z.B. die Cari­tas o.ä., auf­su­chen und sich hin­sicht­lich bestehen­der Mög­lich­kei­ten der Ent­schul­dung bera­ten lassen.

8. Aus­we­ge aus der Überschuldung

Wird eine Über­schul­dung ver­mu­tet oder gar fest­ge­stellt, fra­gen sich die betrof­fe­nen Unter­neh­men und Men­schen meist, was Sie hier­ge­gen tun können.

Wie bereits ein­gangs erwähnt besteht der Insol­venz­grund gem. § 19 Abs. 1 InsO nur für juris­ti­sche Per­so­nen und sons­ti­ge Rechts­for­men, bei denen kein per­sön­lich haf­ten­der Gesell­schaf­ter eine natür­li­che Per­son ist (v.a. GmbH & Co. KG).

Für in die­ser Rechts­form orga­ni­sier­te, über­schul­de­te Unter­neh­men kom­men fol­gen­de Optio­nen in Betracht:

  1. Insol­venz­ver­fah­ren in Eigenverwaltung
  2. Schutz­schirm­ver­fah­ren

Bei­den Ver­fah­ren ist gemein, dass Sie erheb­li­che Chan­cen auf eine ope­ra­ti­ve und finanz­wirt­schaft­li­che Restruk­tu­rie­rung bie­ten. Soll­ten Sie sich um die Ver­schul­dung Ihres Betriebs sor­gen und Fra­gen zu den genann­ten Restruk­tu­rie­rungs­ver­fah­ren haben, neh­men Sie ger­ne Kon­takt zu uns auf.

Die Erst­be­ra­tung erfolgt selbst­ver­ständ­lich kostenfrei.

Wie bereits erwähnt, dient der Insol­venz­grund der Über­schul­dung nicht für die Ein­lei­tung einer Pri­vat­in­sol­venz. Natür­li­che Per­so­nen kön­nen in Deutsch­land nur eine Ent­schul­dung im Wege einer Pri­vat­in­sol­venz errei­chen, wenn sie ledig­lich (dro­hend) zah­lungs­un­fä­hig sind.

9. Fazit

Von einer Über­schul­dung betrof­fe­ne Unter­neh­men oder selb­stän­di­ge Men­schen soll­ten sich kurz­fris­tig Hil­fe suchen. Die Bera­tung im Umfeld einer Insol­venz soll­te dabei idea­ler­wei­se durch einen sanie­rungs­er­fah­re­nen Fach­an­walt für Insol­venz­recht erfol­gen und nicht durch eine Schuld­ner­be­ra­tung, wie sie z.B. von der Cari­tas o.ä. ange­bo­ten wird.

Hin­ter­grund ist, dass die klas­si­sche Schuld­ner­be­ra­tung pri­mär Men­schen mit finan­zi­el­len Pro­ble­men Hil­fe anbie­tet und in aller Regel in Bezug auf eine ange­streb­te Pri­vat­in­sol­venz berät.

In Bezug auf die Insol­venz eines Unter­neh­mens und hier­für in Betracht kom­men­de Lösungs­we­ge z.B. im Rah­men einer Eigen­ver­wal­tung oder eines Sta­RUG-Ver­fah­rens sowie die Insol­venz eines Selb­stän­di­gen feh­len Cari­tas & Co in aller Regel die Expertise.

Grund­sätz­lich möch­ten wir Ihnen emp­feh­len, sich bei wirt­schaft­li­chen Schwie­rig­kei­ten kurz­fris­tig insol­venz­recht­lich bera­ten zu las­sen. Für juris­ti­sche wie natür­li­che Per­so­nen bestehen heut­zu­ta­ge viel­fäl­ti­ge Lösungswege.

Dabei muss es für Unter­neh­men und Selb­stän­di­ge nicht immer gleich zu einem Insol­venz­ver­fah­ren kom­men. Seit dem 01.01.2021 ist in Deutsch­land auch eine Restruk­tu­rie­rung außer­halb einer Insol­venz deut­lich attrak­ti­ver gewor­den. Die Dau­er einer Pri­vat­in­sol­venz wur­de auf drei Jah­re verkürzt.

Sie sehen, es lohnt sich also. Neh­men Sie ger­ne Kon­takt zu uns auf, wenn Sie wei­ter­ge­hen­de Bera­tung wünschen.

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