Freiwilligenprogramm im Rahmen eines sozialverträglichen Personalabbaus – alle Hintergründe und wichtigen Infos

Bei einer Annahme eines Freiwilligenprogramms mit Abfindung sollten Sie die möglichen rechtlichen und finanziellen Konsequenzen bedenken.

In diesem Artikel vermitteln wir Ihnen einen Einblick in die rechtlich nachteilhaften Stolpersteine bei der Annahme eines Aufhebungsvertrages im Rahmen eines Freiwilligenprogramms.

1. Freiwilligenprogramm / freiwilliges Personalabbauprogramm

Bedingt durch eine finanzielle Schieflage oder eine wirtschaftliche Krise bieten Arbeitgeber ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mitunter ein sogenanntes Freiwilligenprogramm an. Hierbei handelt es sich um ein freiwilliges Personalabbauprogramm, welches ein probates Mittel zur Steuerung eines Personalabbaus darstellt.

Bei dem Freiwilligenprogramm tritt der Arbeitgeber an die gesamte Belegschaft oder auch bestimmte Arbeitnehmergruppen heran, um mit einvernehmlichen Lösungen, insbesondere mit Aufhebungsverträgen auch in Kombination mit Vorruhestandslösungen, den Personalabbau erfolgreich umzusetzen. Freiwilligenprogramme stellen eine rechtliche Alternative gegenüber dem mit dem Betriebsrat zu verhandelndem Interessenausgleich und Sozialplan dar.

Ein Personalabbau mittels Freiwilligenprogramm hat für den Arbeitgeber gegenüber einer Kündigung des Arbeitnehmers den wesentlichen Vorteil, dass das Ausscheiden mit Zustimmung des Arbeitnehmers erfolgt. Damit entfällt wie bei einer ordentlichen Kündigung ansonsten erforderlich, die Sozialauswahl.

Des Weiteren kann der Arbeitgeber sich die Leistungs- und Know-how Träger zur Fortführung seines Unternehmens sichern, die ansonsten aufgrund weniger schützenswerter Sozialdaten im Rahmen der Sozialauswahl das Unternehmen hätten verlassen müssen.

Auch ist der Aufhebungsvertrags für den Arbeitgeber rechtssicherer. Denn durch die beiderseitige, einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Rahmen des Aufhebungsvertrages, werden alle gegenseitigen Ansprüche aus der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgegolten (Abgeltungsklausel). Ein Klagerisiko ist folglich fast gegen Null reduziert.

Auch kann der Arbeitgeber Freiwilligenprogramm ohne Beteiligung des Betriebsrats ausloben, was ihm Gestaltungsraum bei den Konditionen gewährt.

Auf der anderen Seite verhandeln und normieren auch viele Arbeitgeber mit den Betriebsräten im Rahmen einer Betriebsvereinbarung die Konditionen des Freiwilligenprogramms. Damit wird eine höhere Sozialverträglichkeit gewährleistet, da der Betriebsrat oft der erste Ansprechpartner der Mitarbeiter ist. Eine Unterstützung durch die Betriebsräte bei der Umsetzung des Freiwilligen-programms erhöht somit die innerbetriebliche Akzeptanz.

2. Geltungsbereich des Freiwilligenprogramm

Im Geltungsbereich des Freiwilligenprogramm wird geregelt, für welche Arbeitnehmer das Freiwilligenprogramm mit Abfindungsregelung gilt.

Kein genereller Anspruch auf Teilnahme am Freiwilligenprogramm

Generell besteht kein Anspruch auf Teilnahme an einem Freiwilligenprogramm.

Ein solcher Anspruch enthielte ein zu großes Risiko, dass für den Geschäfts- oder Produktionsbetrieb betriebsnotwendige, wichtige oder einfach zu viele Arbeitnehmer an dem Programm teilnehmen würden. Oftmals ist im Geltungsbereich des Freiwilligenprogramm definiert, welcher Arbeitnehmer unter welchen Voraussetzungen und zu welchen Konditionen teilnehmen kann.

Eröffnet wird der Geltungsbereich eines Freiwilligenprogramms oft für Arbeitnehmer, die eine langjährigen Betriebszugehörigkeit, gute Vorruhestands- oder Altersteilzeitregelungen mit einer betrieblichen Altersversorgung haben oder sonstige begünstigende Umstände aufweisen.

3. Das Prinzip der doppelten Freiwilligkeit

Die Teilnahme an einem Freiwilligenprogramm basiert auf dem Prinzip der doppelten Freiwilligkeit.
Das bedeutet, dass weder der Arbeitnehmer noch der Arbeitgeber zum Abschluss des Aufhebungsvertrages oder Vorruhestands- bzw. Altersteilzeitvertrages verpflichtet ist.

Erst wenn der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer auf Basis der geregelten Konditionen des freiwilligen Personalabbauprogramms einvernehmlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mittels Aufhebungsvertrag zugestimmt haben und dieses auf beiden Seiten freiwillig erfolgt, kann eine rechtsverbindliche Regelung im Sinne des Aufhebungsvertrages zu Stande kommen.

Fehlende doppelte Freiwilligkeit / Problem einseitige Frewilligkeit

Ist der Geltungsbereich des Programmes für der Arbeitnehmer eröffnet, ist trotzdem nicht garantiert, dass der Arbeitnehmer das Unternehmen mittels Abfindung auf der Grundlage des freiwilligen Personalabbauprogrammes verlassen kann.

Es kann vorkommen, dass der Arbeitnehmer das freiwillige Personalabbauprogramm annehmen will, jedoch sein Vorgesetzter oder seine Fachabteilung ihn nicht freiwillig gehen lassen will. Denn, bevor es zu einem Aufhebungsvertrag auf der Grundlage des Freiwilligenprogramm kommt, prüft die Fachabteilung intern, ob sie auf den Arbeitnehmer verzichten kann oder nicht. Sollte dieses aufgrund der speziellen Kenntnisse oder Qualifikation oder einer gewissen Betriebsnotwendigkeit nicht möglich sein, auf den Arbeitnehmer zu verzichten, dann fehlt es an der erforderlichen Freiwilligkeit auf der Arbeitgeberseite.

Ein Aufhebungsvertrag auf der Basis der Regelungen des freiwilligen Personalabbauprogramms kommt dann nicht zustande.

4. Ausschluss von Leistungsträgern und jüngeren Arbeitnehmern

Da der Arbeitgeber zur erfolgreichen Fortführung des Unternehmens nicht auf seine wichtigen Leistungs- und Know-How-Träger verzichten kann, sind diese zumeist von dem Freiwilligenprogramm ausgeschlossen. Dabei handelt es sich um Arbeitnehmer mit essenziellen, betriebsnotwendigen Qualifikationen oder Fähigkeiten.

Des Weiteren kommt es auch vor, dass Arbeitnehmer mit einer Betriebszugehörigkeit unter 3 Jahren oder gerade übernommene Auszubildende von dem Freiwilligenprogramm ausgeschlossen werden.

Mit diesem Ausschluss will der Arbeitgeber seine altersgerechte Personalstruktur erhalten.

5. Direktansprache von Arbeitnehmern

Es kommt auch vor, dass der Arbeitgeber im Rahmen des Freiwilligenprogramm bestimmte Mitarbeiter abbauen möchte und diese auch direkt im Rahmen eines Mitarbeitergesprächs anspricht. Gegenstand ist dann, ob Sie nicht das Angebot zur einvernehmen Aufhebung des Arbeitsverhältnisses im Rahmen des Freiwilligenprogramms annehmen möchten.

Hierbei kann der Arbeitgeber zum Beispiel Arbeitnehmer mit besonderem Kündigungsschutz wie Gleichgestellte, Schwerbehinderte, Betriebsräte oder Arbeitnehmerinnen in Elternzeit ansprechen.

Der Arbeitgeber ist folglich frei darin, welchem Arbeitnehmer er die Teilnahme an dem Freiwilligenprogramm offeriert.

In einem klassischen Personalgespräch mit Trennungscharakter kann der Arbeitgeber wertschätzend und verständnisvoll mit dem Arbeitnehmer umgehen, der das Angebot zur freiwilligen Aufgabe seines Arbeitsplatzes im Rahmen des Aufhebungsvertrages annehmen soll.

Es gibt allerdings auch Trennungsgespräche, die etwas unfair ablaufen: In diesen Gesprächen setzt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zum Beispiel psychisch unter Druck, indem er ihm mitteilt, dass er mit seiner Arbeitskraft keinen Mehrwert für das Unternehmen leistet (ein Schlechtleister ist) und es für ihn in dem Unternehmen keine Zukunft gibt. Demzufolge sollte er lieber das Abfindungsangebot annehmen, bevor er ohnehin entlassen wird.

Durch solche Äußerungen wird der Arbeitnehmer eingeschüchtert und unterschreibt dann den Aufhebungsvertrag.

 6. Konditionen der Abfindungszahlung im Rahmen des Freiwilligenprogramms

Da der Arbeitgeber mit dem Aufsetzen eines Freiwilligenprogramms die Zielsetzung verfolgt, in einem begrenzten Zeitfenster eine avisierte Anzahl von Arbeitnehmern abzubauen, gestaltet er die Konditionen zumeist wirtschaftlich besser aus (folglich ist die Abfindung höher) als auf der Grundlage eines Sozialplanes.

Meistens wird für die Abfindungsberechnung ein monetäres Punktesystematik eingesetzt, welches die Kriterien der Betriebszugehörigkeit, der Unterhaltspflichten, des Alters und gelegentlich auch den besonderen Kündigungsschutz beinhaltet.

Des Weiteren setzt der Arbeitgeber auch eine zeitlich gestaffelte Turbo- und /oder Sprinterprämie ein, mit der der Arbeitnehmer von einer zusätzlichen Abfindungsleistung profitieren kann.

7. Turboprämie und/oder Sprinterprämie

Bei der Trubo- und oder Sprinterprämie handelt es sich um einen monetären Anreiz an den Arbeitnehmer sich innerhalb einer bestimmten Frist, zum Beispiel innerhalb von 2 Wochen-Frist, für die Annahme des Aufhebungsvertrages im Rahmen des Freiwilligenprogramm zu entscheiden.

8. Freiwilligenprogramm ohne Zustimmung des Betriebsrates

Grundsätzlich fehlt es an einem originären Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei einem Freiwilligenprogramm, welches durch den Arbeitgeber ausgelobt wird.
Besteht jedoch ein kooperatives Verhältnis mit den Betriebsräten, vereinbart der Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung über das Freiwilligenprogramm.
Ist mit dem bezweckten Personalabbau jedoch auch eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG verbunden oder liegt die Betriebsänderung allein in dem Personalabbau vor, wird das Freiwilligenprogramm regelmäßig als Umsetzungsmaßnahme in die Interessenausgleichs-verhandlungen oder Sozialplan integriert. Ein Freiwilligenprogramm kann auch den Interessenausgleichsverhandlungen vorausgehen. Bei einer Betriebsänderung muss der Arbeitgeber auch eine Massenentlassungsanzeige gegenüber der Agentur für Arbeit abgeben.

Letztlich gilt es sorgfältig abzuwägen, welche Vorgehensweise Sinn macht. Denn regelmäßig ist ein Freiwilligenprogramm dann erfolgreich, wenn es durch den Betriebsrat unterstützt wird.

9. Höhere Sozialverträglichkeit des Personalabbaus mittels Freiwilligenprogramm

Das Freiwilligenprogramm wird betriebsintern oft als der sozialverträglichere Personalabbau gegenüber dem mit dem Betriebsrat verhandelten Sozialplan angesehen.
Denn das Freiwilligenprogramm bietet den Arbeitnehmern die Möglichkeit sich vor der Annahme der Annahme des Aufhebungsvertrages Gedanken zu machen, ob die Konditionen individuell akzeptabel, annehmbar und vielleicht auch günstig sind. Besteht zum Beispiel der Wunsch mal eine Zeit nicht zu arbeiten, ins Ausland zu gehen, ein weiteres Kind zu bekommen oder frühzeitig in den Ruhestand zu gehen, kann dieses bei der Entscheidung eine Rolle spielen. Diese privaten Gründe sind dem Arbeitgeber nicht bekannt. Demzufolge können die angebotenen Konditionen des Freiwilligenprogramm für den Arbeitnehmer ebenfalls attraktiv sein.

10. Aufklärungspflichten des Arbeitgebers beim Freiwilligenprogramm

Bei Abschluss von Abfindungsverträgen im Rahmen von Freiwilligenprogrammen stellt sich grundsätzlich die Frage, ob und gegeben falls in welchem Umfang der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vor Abschluss des Aufhebungsvertrages eine Pflicht zur Aufklärung über die Folgen des Aufhebungsvertrages trifft.

Festzuhalten ist hierbei, dass wenn der Arbeitgeber Aufklärung über die Rechtsfolgen des Aufhebungsvertrages, insbesondere über die steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Konsequenzen gegenüber dem Arbeitnehmer erteilt, diese zutreffend sein müssen.

Da der Arbeitgeber eine absolute Rechtssicherheit über die zum Beispiel steuerlichen Konsequenzen nicht rechtssicher erteilen kann, wird er den Arbeitnehmer zumeist auf eigene Informationsmöglichkeiten verwiesen.

Daher sollte sich jeder Arbeitnehmer, bevor er sich entschließt, einen Aufhebungsvertrag im Rahmen eines Freiwilligenprogramms zu unterzeichnen, sich eines sachkundigen und kompetenten Rechtsanwalts bedienen, von dem er Aufklärung erwarten und verlangen kann und an den er sich bei Zweifelsfragen wenden kann. Denn vor Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages sollte sich der Arbeitnehmer der Problemstellungen bzw. Stolpersteinen bewusst sein.

11. Problemstellungen bei der Annahme des Aufhebungsvertrags mit Abfindungszahlung

Die Freiwilligenprogramme mit ihren verschiedenen Konditionen zur einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses mittels Aufhebungsvertrag und Abfindungszahlung klingen zum Teil aus finanzieller Sicht interessant für den Arbeitnehmer.

Ohne jedoch mit einem Rechtsanwalt die Rechtsfolgen in steuerrechtlichen-, und sozialversicherungsrechtlichen Auswirkung zu besprechen, sollte man keinen Aufhebungsvertrag unterzeichnen.

Auch ist zur Vorsicht zu raten, das Arbeitsverhältnis in der jetzigen Corona-Krise mittels Aufhebungsvertrag zu beenden. Denn der Arbeitsmarkt befindet sich ebenfalls in einer Krisensituation. Aufgrund der abgeschwächten Auftragslage halten sich die Arbeitgeber derzeit stark mit Neueinstellungen zurück. Wahrscheinlich muss man länger auf Anschlussbeschäftigung warten als zunächst angenommen. Auch können 12 Monate Arbeitslosengeldbezug oder je nach Alter auch nach 15 Monaten schneller vergehen als angenommen. Bleibt dann die gewünschte Anschlussbeschäftigung aus, bereut mancher seinen Arbeitsplatz für das schnelle Geld aufgegeben zu haben.

Verzicht auf den Kündigungsschutz

Mit der Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages beendet der Arbeitnehmer nicht nur einvernehmlich sein Beschäftigungsverhältnis mit dem Arbeitgeber, sondern er verzichtet auch auf seinen Kündigungsschutz, den er bei einer ordentlichen Kündigung hätte.

Würde der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zum Beispiel betriebsbedingt kündigen, könnte dieser die Rechtmäßigkeit der Kündigung vom Arbeitsgericht im Rahmen der Kündigungsschutzklage überprüfen lassen.

Dieser Rechtsweg ist nicht gegeben bei der Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages, da zum einen keine Kündigung ausgesprochen wird und zum anderen oftmals auch ein Klageverzicht von Seiten des annehmenden Arbeitnehmers akzeptiert.

Auch verzichten Arbeiternehmer mit der Annahme des Aufhebungsvertrages auf ihren besonderen Kündigungsschutz wie zum Beispiel auf den Sonderkündigungsschutz für Mütter, Pflegende, Schwerbehinderte, Kündigungsschutz von Arbeitnehmern in Elternzeit und Interessenvertretern, wie zum Beispiel Betriebsräte.

Keine Betriebsratsanhörung

Des Weiteren verzichten die Arbeitnehmer bei der Annahme des Aufhebungsvertrages auch auf die Beteiligungsrechte des Betriebsrates. Denn grundsätzlich ist der Betriebsrat vor jeder ordentlichen Kündigung gemäß § 102 BetrVG anzuhören. Des Weiteren kann er einer Kündigung widersprechen. Mit dieser Anhörung nimmt der Betriebsrat seine Mitbestimmungsrechte wahr und überprüft quasi auf innerbetrieblicher Ebene die Rechtfertigung der Kündigung.

Bei der Annahme des Aufhebungsvertrages entfällt die Prüfung einer Kündigung, da zu einen keine Kündigung vom Arbeitgeber ausgesprochen wird und zum anderen der Arbeitnehmer freiwillig das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber mittels Aufhebungsvertrag beendet.

Sperrzeit /Ruhezeit beim ALG-I-Bezug

Durch die Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages wird eine Sperrzeitverhängung von Seiten der Agentur für Arbeit für einen Zeitraum von 12 Wochen / 3 Monate ausgelöst.

Das kann finanziell sehr nachteilig werden.

Denn mit der Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages löst der Arbeitnehmer das Beschäftigungsverhältnis selbst auf. Durch diese selbst verschuldete Arbeitsaufgabe mindert die Agentur für Arbeit den Arbeitslosengeldanspruch im Regelfall in Höhe von 12 Wochen / 3 Monate bzw. mindestens um ¼ der gesamten Anspruchsdauer gemäß § 148 Abs. 1 Nr. 4 SGB.

Etwas anderes gilt nur, wenn der Aufgabe des Beschäftigungsverhältnisses ein wichtiger Grund zugrunde lag. Einen wichtigen Grund hat der Arbeitnehmer bspw., wenn der Arbeitgeber sonst eine wirksame betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen hätte. Dann ist es dem Arbeitnehmer nicht zuzumuten, die Kündigung abzuwarten. Allerdings muss die Agentur für Arbeit (das Arbeitsamt) davon überzeugen sein, dass eine Kündigung, wenn sie ausgesprochen worden wäre, wirksam gewesen wäre. Das wird kaum gelingen.

Die Sperrzeitverhängung – reduziert die Abfindungszahlung erheblich, da der ehemalige Arbeitnehmer die Sozialversicherungsbeiträge jetzt zum Teil selbst zahlen muss.

Rechtsfolgen für die Krankenversicherung

Was passiert mit der Krankenversicherung während der Sperrzeitverhängung?

Im ersten Monat hat der ehemalige Arbeitnehmer noch einen Anspruch auf die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung im Rahmen der beitragsfreie Nachversicherungspflicht gemäß § 19 Abs. 2 SGB V. Im zweiten Monat bis hin zur zwölften Woche ist der ehemalige Arbeitnehmer dann regulär über die Krankenversicherung der Arbeitslosen abgesichert.

Ein Anspruch auf Krankengeld besteht jedoch nicht während der Sperrzeitverhängung gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 3a SGBV.

Etwas anderes gilt jedoch, wenn den ehemaligen Arbeitnehmern privat oder freiwillig versichert ist, denn dann muss er im Rahmen der Sperrzeitverhängung seine Beiträge alleine zahlen.

Rechtsfolge für die Rentenversicherung

Da der ehemalige Arbeitnehmer während der Sperrzeitverhängung kein Arbeitslosengeld bezieht, besteht auch kein Anspruch auf Rentenversicherung gemäß § 3 S. 1 Nr. 3 SGB VI.

Diese beitragsfreie Zeit in der Rentenversicherung, in der der Arbeitnehmer kein Arbeitslosengeld (ALG I) aufgrund der Sperrzeitverhängung erhält, kann später beim Rentenbezug eine Problemstellung werden, da sich diese Zeit sich nicht rentensteigend auswirkt.

Tipp: Versuchen Sie diesen finanziellen Nachteil im Rahmen der Verhandlungen kompensiert zu bekommen – dabei hilft ihnen auch ihr Rechtsbeistand.

Keine Beiträge mehr zur Arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Altersversorgung

Leider vergessen die Arbeitnehmer, die einen Aufhebungsvertrag im Rahmen eines Freiwilligenprogramms unterzeichnen auch oft, dass sie mit ihrer Unterschrift auch ihre betriebliche Altersversorge beenden. Als betriebliche Altersversorgung bezeichnet man alle finanziellen Leistungen, die der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer zur Altersversorgung, Versorgung von Hinterbliebenen oder Invaliditätsversorgung bei Erwerbsunfähigkeit zusagt. Klassische arbeitgeberfinanzierte Altersversorgungswege für Arbeitnehmer sind Direktzusage, Unterstützungskasse und Pensionsfonds.

Liegt eine arbeitgeberseitig finanzierte betriebliche Altersversorgung vor, trägt der Arbeitgeber die Beiträge dafür allein, ohne einen Beitrag von Arbeitnehmer. In diesem Fall hat der Arbeitgeber meistens geregelt, dass eine Mindestzugehörigkeit vorliegen muss. Durch die Umsetzung der EU-Mobilitätsrichtline müssen die Arbeitnehmer mindestens 3 Jahre im Unternehmen gewesen sein und der Arbeitnehmer muss 21. Jahre alt sein, erst dann ist ein Anspruch auf Betriebsrente unverfallbar.

Durch die hohen Haftungsrisiken und den schwierigen Finanzmarkt sind jedoch die arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Altersversorgungen rückläufig.

Entgeltumwandlung

Als weitere Form der betrieblichen Altersversorgung wird vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer sehr gerne die Mischform der Entgeltumwandlung eingesetzt. Das gute ist, dass eine betriebliche Altersversorgung aus Entgeltumwandlung sofort gesetzlich unverfallbar ist. Somit bleibt der Anspruch auf die Versorgungsleistung gesichert, auch wenn man aufgrund des Aufhebungsvertrages den Arbeitgeber verlässt. Das gilt auch für den ab 2019 bzw. 2022 geltenden gesetzlichen Arbeitgeberzuschuss von 15 Prozent des Beitrags.

12. Abfindungs- und Einmalzahlungen im Rahmen des freiwilligen Personalabbauprogramms und Vorruhestandsregelungen

Bei der Annahme eines freiwilligen Aufhebungsvertrages mit Vorruhestandsregelungen oder auch einem Vorruhestandsprogramms ist es wichtig, dass der Arbeitnehmer bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses besonders auf die Versteuerung der Einmal- und Abfindungszahlung achtet. Es handelt sich bei der Einmalzahlung oder Abfindungszahlung um eine durch das Arbeitsverhältnis begründete Zahlung und damit um Arbeitslohn, der dem Lohnsteuerabzugsverfahren unterliegt und vom Arbeitgeber vorgenommen wird.

Sofern es sich bei der Zahlung um eine Entschädigung als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen handelt, können außerordentliche Einkünfte vorliegen. Dadurch kann sich für den Steuerpflichtigen der Höhe nach einer begünstigten Besteuerung im Rahmen der sogenannten Fünftelregelung ergeben. Ob außerordentliche Einkünfte und eine mögliche Begünstigung vorliegen, muss der (frühere) Arbeitgeber bei späterer Auszahlung prüfen.

Einbringung der Abfindungszahlung in eine betriebliche Altersversorgung und Versteuerung

In Abhängigkeit der vereinbarten betrieblichen Altersversorgung kann der Zufluss der Abfindungszahlung und damit die Versteuerung durch das teilweise Einbringen von Abfindungsansprüchen zeitlich verschoben werden.

Direktzusage/ Unterstützungskasse

Bei der Direktzusage oder im Falle einer Unterstützungskasse liegt im Zeitpunkt der Einbringung noch kein steuerlicher Zufluss vor, dieser entsteht erst, wenn die Auszahlung an den Arbeitnehmer tatsächlich erfolgt, erst dann unterliegt sie der Versteuerung.

Pensionskasse/ Pensionsfonds

Wird der Abfindungsanspruch dagegen in einen Pensionsfond oder in Rahmen einer Pensionskasse eingebracht, liegt bereits im Zeitpunkt der Zahlung durch den Arbeitgeber der Zufluss vor und somit erfolgt auch die Versteuerung.

Abfindungszahlung mit Übertragung in die Altersversorgung – teilweise Beitragspflichtig

Der Arbeitnehmer sollte daran denken, dass Zahlungen aus der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Übertragung in die betriebliche Altersversorgung bei gesetzlich kranken- und pflegeversicherten Personen bei der Leistungsauszahlung zumeist teilweise beitragspflichtig sein wird.

Rechtsfolgen / Konsequenzen bei Rentenbezug

Je nach vorliegender Rentenart ergeben sich beim späteren Rentenbezug bei vorzeitig ausscheidenden Arbeitnehmern verschiedene steuerrechtliche Rechtsfolgen / Konsequenzen für den Rentenbezug. Wenn der ehemalige Arbeitnehmer eine betriebliche Rente vom früheren Arbeitgeber erhält, erfolgt die Versteuerung anders als bei dem Bezug von Zahlungen aus dem öffentlich-rechten gesetzlichen Pflichtsystem der Rente oder bei der privaten Altersvorsorge. Dabei sind folgende steuerliche Konsequenzen zu beachten:

  • Auszahlung der Direktzusage/ Unterstützungskasse: Die Leistungserbringung der Rentenzahlung aus einer Direktzusage oder Unterstützungskasse unterliegt steuerrechtlich den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit analog der früheren Lohnzahlung dem – Lohnsteuerabzug – und sind somit lohnsteuerpflichtig.
  • Auszahlung der öffentlich-rechtlichen Rentenpflichtsystem: Die Rentenzahlung aus dem öffentlich-rechtlichen Rentensystem sind sogenannte „sonstige Einkünfte“, bei deren Auszahlung kein automatischer Steuerabzug wie bei der Lohnzahlung erfolgt. Außerdem ist die Auszahlung nur bis zu einem bestimmten Teil in Höhe von 80% steuerpflichtig bei Rentenbeginn im Jahr 2020. Allerdings erfolgt eine bis zu 100 % Versteuerung bei einem Rentenbeginn im Jahr 2040.

13. Aufhebungsvertrag im Rahmen des Freiwilligenprogramms trotz Kurzarbeit

Aufgrund der Coronakrise kommt es zu Auftragsrückgängen sowie Arbeitsausfällen. Aus diesem Grund setzen viele Unternehmen ihre Arbeitnehmer auf Kurzarbeit. Kurzarbeitergeld ist die Leistung der Arbeitsagentur, die einen Teil des Lohns ausgleicht, der aufgrund der Kurzarbeit verringert wird.  Hauptzweck des Kurzarbeitergeldes ist es, bei vorübergehendem Arbeitsausfall die Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zu ermöglichen und Entlassungen zu vermeiden.

Hierzu hat das Bundesministerium für Arbeit Gesetz zur Beschäftigungssicherung mit veränderten Regeln zur Kurzarbeit bis Ende des Jahres 2021 in Kraft gesetzt. Diese ermöglicht eine stufenweise Erhöhung des Kurzarbeitergeldes bis zu 87% ab dem siebten Monat des Kurzarbeitergeldbezuges.

Doch was passiert, wenn sich die Auftragslage des Unternehmens nicht wie gehofft verbessert und der Arbeitgeber sich von dem Arbeitnehmer mittels Freiwilligenprogramm und einvernehmlichen Aufhebungsvertrag doch trennen will oder muss.

Der Arbeitgeber hat hierbei zwei Handlungsoptionen:

Er kann die betriebsbedingte Kündigung aussprechen oder er bietet dem Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag mit Abfindungszahlung an, dieses kann auch im Rahmen eines Freiwilligenprogramms erfolgen.

Durch den Abschluss eine Aufhebungsvertrages umgeht der Arbeitgeber das Rechts- und Prozesskostenrisiko einer Kündigungsschutzklage, die bei einer Kündigung möglich wäre. Denn der Arbeitnehmer kann nur in Ausnahmefällen gegen einen Aufhebungsvertrag gerichtlich vorgehen. Ein weiterer Vorteil des Aufhebungsvertrages liegt für den Arbeitgeber darin, dass er in konjunkturellen Krisenzeiten mittels Aufhebungsvertrag das Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses seinen betrieblichen Erfordernissen anpassen kann. Denn anders als bei einer Kündigung ist beim Aufhebungsvertrag die Beendigung des Arbeitsverhältnisses Verhandlungssache.

Festlegung des Bruttomonatslohn als Grundlage für die Abfindungsberechnung in Kurzarbeitergeldbezug

Wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmern in Kurzarbeit ein Angebot zur Aufhebung des Arbeitsverhältnisses im Rahmen eines freiwilligen Abbauprogramms macht, so wird die Abfindungs-berechnung zumeist auf den Zeitraum vor der Kurzarbeitsanordnung und dem Kurzarbeitergeldbezug gelegt. Damit entstehen keine finanziellen Nachteile für den Arbeitnehmer. Der Arbeitnehmer erhält diejenige Abfindung, die er auch vor der Kurzarbeit erhalten hätte.

Des Weiteren wirkt sich die Kurzarbeit auch nicht auf den Arbeitslosengeldanspruch aus. Denn das Arbeitslosengeld (ALGI) wird auf der Basis des Entgelts berechnet, welches ohne den Arbeitsausfall, die Kurzarbeit vorgelegen hätte.

Möglich ist jedoch auch, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein Angebot zur Aufhebung des Arbeitsverhältnisses auf der Basis der bereits reduzierten Arbeitszeit und des Kurzarbeitergeldes der Lohnersatzleistung macht. Dann würde sich die Abfindungshöhe deutlich reduzieren, was dringend vor einer Unterschrift zu bedenken ist.

Eine weitere Möglichkeit ist, dass der Arbeitgeber die Abfindung auf der Grundlage des reduzierten Lohnes plus Kurzarbeitergeld (Lohnersatzleistung von der Agentur für Arbeit) erhält und der Arbeitgeber als Basis für die Berechnung der Abfindung hier einen für ihn finanziell günstigen Weg geht.

Hierzu gibt es keine gefestigte Rechtslage. Es liegt Rechtunsicherheit vor. Diesen Fall sollten Sie auf jeden Fall mit einem Rechtsanwalt besprechen, bevor Sie einen Aufhebungsvertrag unterzeichnen.

Ohne einen Rechtsbeistand ist es nicht ratsam, einen Aufhebungsvertrag während des Kurzarbeitergeldbezuges zu unterzeichnen.

14. Bedenkzeit und Rechtsbeistand

Egal in welcher Situation Sie sich als Arbeitnehmer befinden, einen Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen sollte immer wohl überlegt sein und sollte nicht ohne Rat eines Rechtsanwalts oder Fachanwalt für Arbeitsrecht unterzeichnet werden.

Häufige Fragen zum Thema Aufhebungsvertrag

Sollte ich dem Aufhebungsvertrag zustimmen?

Behalten Sie einen kühlen Kopf und unterschreiben Sie erst einmal nichts! Unser Team aus Fachanwälten überprüft Ihren Aufhebungsvetrag und berät Sie was das weitere Vorgehen angeht. Kompetent, schnell und persönlich.

Welche sozialrechtlichen Folgen könnte der Aufhebungsvertrag für mich bedeuten?

Es gilt eine Sperrzeit bei AlG I bis zu dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis regulär geendet hätte.

Jürgen Bödiger

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Michael Kothes

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