Das Urteil des Bundesgerichtshofs (IX. Senat) vom 17.12.2015 (Az.  IX ZR 61/14) zeigt wieder einmal, dass dem Vermieter in der Insolvenz des Mieters die Rückzahlung vereinnahmter Mietzinsen in erheblichem Umfang selbst dann droht, wenn er einen Anspruch auf dieses Geld hat. Im konkreten Fall muss der Vermieter die vom später in die Insolvenz geratenen Mieter gezahlten Mieten der Jahre 2006 bis 2008 von rund 220.000 Euro an den Insolvenzverwalter erstatten. Nach Auffassung des Gerichtes hatte der Vermieter zum Zeitpunkt der Mietzahlungen Kenntnis von der drohenden Zahlungsunfähigkeit seines Mieters.

Bitte um Zahlungserleichterung (Stundung, Erlass, Raten) für den Gläubiger weiter problematisch

Dem Vermieter wurde unter anderem ein Schreiben des Anwalts des Mieters zum Verhängnis, in dem dieser um Stundung der Forderung und teilweisen Forderungserlass bat. Auch erhebliche Mietzinsrückstände, die seit dem Jahr 2005 bestanden, waren ein wichtiger Faktor, die den Senat zu der Überzeugung kommen ließen, dass der Vermieter im Zeitpunkt der Mietzahlungen die drohende Zahlungsunfähigkeit des Mieters kannte. Diese Kenntnis des Gläubigers ist im Rahmen der für Gläubiger besonders gefährlichen Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO der streitentscheidende Faktor. Sie wird regelmäßig mithilfe sogenannter Beweisanzeichen festgestellt (Im Einzelnen hierzu: Buchalik/Hiebert, Die Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit bei der Insolvenzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO – sachgerechte Beweiswürdigung als Baustein eines interessengerechten Insolvenzanfechtungsrechts, in: ZInsO 2015, 538 – 542; Hiebert, Insolvenzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO – zur bargeschäftsähnlichen Lage als Beweisanzeichen sowie dem verlängerten und erweiterten Eigentumsvorbehalt, in: ZInsO 2015, 621 – 624).

Sanierungsbemühungen und Wiederaufnahme regelmäßiger Zahlungen sind nicht ausreichend

Der Vermieter konnte sich zudem nicht mit Erfolg darauf berufen, dass seine Kenntnis nachträglich entfallen sei. Hierfür, so das Gericht, trage der Vermieter die Darlegungs- und Beweislast. Mit dem Hinweis auf bloße Sanierungsbemühungen, die nicht in ein tragfähiges Sanierungskonzept gemündet sind, könne der Beweis nicht geführt werden. Gleiches gelte für die Aufnahme regelmäßiger Mietzinszahlungen, weil dies noch nicht den Schluss auf eine für die Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit erforderliche allgemeine Zahlungsaufnahme des Schuldners spreche.

Anforderungen an Sanierungskonzepte weiterhin hoch

Der Senat betont erneut, dass Zahlungen dann nicht anfechtbar sind, wenn sie Bestandteil eines ernsthaften, letztlich aber fehlgeschlagenen Sanierungsversuchs sind. Er hält allerdings weiter an den hohen Anforderungen vergangener Entscheidungen fest. Voraussetzung sei, dass im Zeitpunkt der Zahlung ein schlüssiges, von den tatsächlichen Gegebenheiten ausgehendes Sanierungskonzept vorliege, das mindestens in den Anfängen schon in die Tat umgesetzt worden ist und bei dem Schuldner die ernsthafte und begründete Aussicht auf Erfolg rechtfertigt. Bloße Vorbereitungshandlungen, wie im konkreten Fall ein Rundschreiben an alle Gläubiger, sind nicht ausreichend.

Voraussetzungen für die Privilegierung als Bargeschäft nicht erfüllt

Wie in der Praxis so häufig, waren auch im konkreten Fall die Voraussetzungen für ein Bargeschäft, das die Hürden für eine Anfechtung deutlich anhebt und nach geplanter Rechtslage ausschließt, nicht erfüllt. Gemäß dem Gesetzentwurf der Bundesregierung, der bereits im Gesetzgebungsverfahren ist, sollen künftig Leistungen, die unmittelbar gegeneinander ausgetauscht werden, nur anfechtbar sein, wenn der Gläubiger im Zeitpunkt der Leistung erkannt hat, dass sein Schuldner unlauter handelte. Die Hürden für ein unlauteres Handeln sind nach der Gesetzesbegründung sehr hoch. Allerdings setzt das Bargeschäft, wie der Bundesgerichtshof auch in dieser Entscheidung wieder betont, künftig wie heute voraus, dass Gläubiger und Schuldner ihre Leistungen wechselseitig innerhalb eines Zeitraums von längstens 30 Tagen ausgetauscht haben. Genau hieran fehlt es aber in der Praxis häufig, z.B. auch dann, wenn der Mieter nur geringfügig unpünktlich zahlt. Der Senat weist darauf hin, dass der Vermieter die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, wann welche Zahlungen für welche Zeitabschnitte erfolgt sind und welche Tilgungsbestimmung die Parteien getroffen haben. Nicht zuletzt dieser Umstand belegt erneut, dass die rechtzeitige Beauftragung eines Spezialisten für Insolvenzanfechtung unverzichtbar ist, um die Weichen richtig zu stellen und im Fall der Klage den Schaden so gering wie möglich zu halten.

Weitere Informationen zum Anfechtungsrecht unter:

http://insolvenzanfechtung-buchalik.de/

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