Corona-Soforthilfen – Strafbarkeit wegen Subventionsbetrugs?

Staatliche Stellen haben deutschen Unternehmern auf unterschiedlichem Weg finanzielle Unterstützung zur Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie gewährt. Hierbei musste es oft schnell gehen, und die Regelungen waren kompliziert. Falsche Angaben werden jetzt zum Risiko für Unternehmer. Es drohen empfindliche Strafen für Selbständige und Geschäftsleiter juristischer Personen, wie etwa einer GmbH. Laut Insidern werden bei deutschen Staatsanwaltschaften derzeit mehr als 10.000 Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit Corona-Soforthilfen geführt.

Unter dem Label des Subventionsbetrugs, einer regelmäßig wenig beachteten Vorschrift im Strafgesetzbuch (§ 264 StGB), werden Geschäftsleiter angeklagt und empfindliche Bußgelder gegen Unternehmen verhängt. Dabei geht es nicht nur um die Fälle vorsätzlichen Handelns und organisierter Kriminalität. In der Krise war Eile geboten: Fehlerhafte Angaben, Auslassungen und Ungenauigkeiten werden zum Problem, wie erste Urteile zeigen. Das Gesetz stellt bereits leichtfertiges Handeln bei der Antragstellung unter Strafe. Erste Gerichte (Amtsgericht München, Urteil vom 11.08.2021, Az. 1111 Ls 319 Js 148306/20) werten das Ausnutzen der Pandemielage sogar als strafschärfend.

1. Wann besteht ein Strafbarkeitsrisiko?

Die Coronahilfen haben es bereits bis zum höchsten deutschen Gericht in Strafsachen, dem Bundesgerichtshof, geschafft. In seinem Grundsatzurteil vom 04.05.2021 (Az. 6 StR 137/21) stellte der BGH klar, dass es sich bei den beantragten Soforthilfen um Subventionen i. S. d. § 264 Abs. 1 Satz 1 StGB handelt, die als sogenannte verlorene Zuschüsse ohne eine marktmäßige Gegenleistung von den Ländern aus öffentlichen Mitteln nach Bundes- oder Landesrecht Betrieben und Unternehmen gewährt werden und jedenfalls auch der Förderung der Wirtschaft dienen. In dem konkreten Fall ging es um Coronahilfen aus den Soforthilfeprogrammen des Bundes („Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020“).

Es steht zu erwarten, dass der BGH sämtliche Spielarten der Coronahilfen als Subventionen wertet – mit weitreichenden Folgen.

2. Auch falsche Angaben auf Formularen begründen Strafbarkeit

264 StGB Abs. 1 Nr. 1 StGB bestraft denjenigen, der über subventionserhebliche Tatsachen für sich oder einen anderen unrichtige oder unvollständige Angaben macht, die für ihn oder den anderen vorteilhaft sind.

Fraglich war, ob Angaben und sogar lediglich Kreuze an Stellen in Formularen geeignet sind, über subventionserhebliche Tatsachen zu täuschen und, ob solche auf den jeweiligen Formularen überhaupt hinreichend bestimmt und für den Unternehmer erkennbar vorhanden sind.

Bedenken bestanden – und bestehen weiterhin – weil die verschiedenen Formulare der Länder und des Bundes sowie der Kreise und Gemeinden sehr viel Kleingedrucktes enthalten und auf Vorschriften verweisen, die den Antragsformularen nicht beigefügt waren.

Der BGH scheint hier zum Nachteil der betroffenen Bürger einen großzügigen Maßstab anzulegen.

    • Für in Niedersachen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg verwendete Formulare stellt das Gericht fest, dass die subventionserheblichen Tatsachen in der gebotenen Eindeutigkeit bezeichnet werden. Dabei soll es ausreichen, dass der Antragsteller durch ein zu setzendes Kreuz seine Kenntnis davon bestätigt, dass es sich bei den Angaben im Formular um subventionserhebliche Tatsachen handelt. Und weiter heißt es: „Einer wirksamen Bezeichnung der subventionserheblichen Tatsachen durch den Subventionsgeber steht auch nicht entgegen, dass diese ausschließlich in einer vom Subventionsempfänger anzukreuzenden Wissenserklärung aufgeführt werden. Dies führt nicht dazu, dass der Subventionsnehmer selbst über die Subventionserheblichkeit der Tatsache entscheidet… Vielmehr handelt es sich um eine nach Sinn und Zweck zulässige Gestaltungsmöglichkeit, welche die Kenntnisnahme des Subventionsnehmers nachweist.“
    • Anders als noch durch das Landgericht Hamburg (Urteil vom 18.01.2021, Az. 608 Qs 18/20) entschieden, soll es nach Ansicht des BGH auch ausreichen, wenn das Formular lediglich feststellt, dass „alle in diesem Antrag (inklusive dieser Erklärung) anzugebenden Tatsachen subventionserheblich im Sinne von § 264 StGB sind“. Der Hinweis, dass „alle Angaben subventionserheblich“ sind, sorge nach Ansicht des BGH beim Subventionsnehmer für die nötige Klarheit über die subventionserheblichen Tatsachen. Sein Augenmerk werde hinreichend präzise auf die Bedeutung aller abgefragten Angaben gelenkt.

Dass dies mit der Lebenswirklichkeit der Unternehmer – vor allem vieler Solo-Selbständiger – nicht viel zu tun hat, liegt auf der Hand.

3. Kann ich meine Angaben nachträglich korrigieren?

Das deutsche Sub­ven­ti­ons­recht verpflichtet den Antragsteller sogar zur Korrektur, wenn ihm im Nachhinein ein Fehler auffällt. Eine strafbewehrte Korrekturverpflichtung besteht häufig auch dann, wenn die Antragsvoraussetzungen nachträglich ganz oder teilweise entfallen sind. Die bloße Hoffnung, nicht entdeckt zu werden, scheint keine Alternative zu sein. Handeln ist gefragt! Die Fallzahlen lassen vermuten, dass sich die Staatsanwaltschaften und Behörden auf ein strenges Vorgehen verständigt haben.

4. Wie sollte ich auf ein Ermittlungsverfahren reagieren?

Immerhin soll es nicht ausreichen, dass in einem Antrag lediglich der Wortlaut des § 264 StGB oder des SubvG wiederholt wird. Auch die bloße Bezugnahme auf umfangreichen Anlagen, Gesprächsprotokolle, Finanzierungspläne und Bewilligungsbescheide soll nicht zu einer Strafbarkeit führen. Dies bietet auch Ansatzpunkte für eine Verteidigung. Über einen Rechtsanwalt kann im Ermittlungsverfahren Akteneinsicht beantragt werden. Dann gilt es zu prüfen, ob und welche Angaben unter welchen Bedingungen gemacht wurden. Zudem sind etwaige Fehler redlicher Unternehmer ins richtige Licht zu rücken. Mit einer versierten Argumentation im Ermittlungsverfahren kann eine Anklage vermieden werden.

Autor: Dr. Olaf Hiebert

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