Die (Schen­­kungs-) Anfech­tung im Fall P&R

  1. Was bis­her geschah

Im Jahr 2018 wur­de über das Ver­mö­gen der in Deutsch­land ansäs­si­gen P&R‑Gesellschaften das Insol­venz­ver­fah­ren eröff­net. Der Scha­den wird seit­her auf rund 3,2 Mil­li­ar­den Euro geschätzt. Die auch heu­te noch medi­al beglei­te­ten Insol­venz­ver­fah­ren brach­ten zuta­ge, dass von den rund 1,6 Mil­lio­nen Con­tai­nern nur rund 618 Tau­send Fracht­bo­xen tat­säch­lich exis­tie­ren. Die ins­ge­samt 54.000 betrof­fe­nen Inves­to­ren zeich­ne­ten cir­ca 80.000 Ein­zel­ver­trä­ge und wur­den zur Anmel­dung ihrer For­de­run­gen im Insol­venz­ver­fah­ren auf­ge­for­dert. Im wei­te­ren Ver­lauf bestritt der Insol­venz­ver­wal­ter die von ihm zunächst vor­aus­ge­füll­ten For­de­rungs­an­mel­dun­gen, wel­che die inves­tier­ten Anle­ger unter­zeich­net zurück­schi­cken mussten.

Mit der über­wie­gen­den Mehr­heit der Anle­ger konn­ten die bestell­ten Insol­venz­ver­wal­ter ein Ein­ver­neh­men über die For­de­rungs­hö­he her­stel­len. Zeit­gleich über­lie­ßen die Insol­venz­ver­wal­ter den Anle­gern auch ein wei­te­res als „Hem­mungs­ver­ein­ba­rung“ über­schrie­be­nes Schrift­stück. Die Ver­ein­ba­rung sieht eine Hem­mung der Ver­jäh­rung etwa­iger Ansprü­che bis zum 31.12.2023 vor. Rund 108.000 der ins­ge­samt 114.000 Hem­mungs­ver­ein­ba­run­gen wur­den von den Anle­gern an die Insol­venz­ver­wal­ter zurückgeschickt.

Die rund 6000 Anle­ger, die bis­lang eine Hem­mungs­ver­ein­ba­rung nicht unter­zeich­ne­ten, sehen sich nun­mehr der Zah­lungs­auf­for­de­rung durch die Insol­venz­ver­wal­ter aus­ge­setzt. Sowohl Miet­zah­lun­gen als auch Rück­kaufs­wer­te sowie als Rest­mie­ten bezeich­ne­te Zah­lun­gen sol­len die betrof­fe­nen Anle­ger nun­mehr zurückzahlen.

Gestützt wird der Anspruch auf § 134 InsO, die soge­nann­te Schen­kungs­an­fech­tung. Zur Begrün­dung wird u. a. aus­ge­führt, dass von dem Betrei­ben eines Schnee­ball­sys­tems aus­zu­ge­hen sei. Auch sei­en – so die Insol­venz­ver­wal­ter – die Inves­to­ren nie­mals Eigen­tü­mer der Con­tai­ner geworden.

2. Hoff­nung für Inves­to­ren bringt das OLG München

Die Zah­lungs­auf­for­de­rungs­schrei­ben des Insol­venz­ver­wal­ters sind den 6.000 Anle­gern vor weni­gen Tagen zuge­gan­gen. Unbe­rück­sich­tigt ließ der Insol­venz­ver­wal­ter jedoch eine Ent­schei­dung des OLG Mün­chen. Das OLG Mün­chen hat die Beru­fung des Insol­venz­ver­wal­ters gegen das erst­in­stanz­li­che Urteil des Land­ge­richts Mün­chen I zurück­ge­wie­sen. D. h. der Insol­venz­ver­wal­ter unter­lag schon vor dem Land­ge­richt Mün­chen I mit der Rück­for­de­rung der Anfechtungsansprüche.

Das Land­ge­richt Mün­chen I und ihm fol­gend das Ober­lan­des­ge­richt Mün­chen negie­ren eine unent­gelt­li­che Leis­tung im Sin­ne des § 134 InsO, die jedoch eine Anspruchs­vor­aus­set­zung ist.

Weder der Rück­kaufs­preis noch die Tages­miet­zin­sen stel­len, so das Gericht, eine unent­gelt­li­che Leis­tung dar. Sowohl die Zah­lung des Rück­kauf­prei­ses als auch die Tages­miet­zin­sen sei­en eine Ver­pflich­tung der P&R‑Gesellschaften aus dem mit den Anle­gern geschlos­se­nen Kauf- und Ver­wal­tungs­ver­trag. Die inves­tier­ten Beträ­ge sowie die Über­las­sung der Ver­wal­tung der Con­tai­ner an die P&R‑Gesellschaften sei­en die ver­trag­lich ver­ein­bar­te Gegen­leis­tung für die Zah­lung der Mie­ten und Rückkaufswerte.

Die Ent­schei­dung des Ober­lan­des­ge­richts Mün­chen erfolg­te im Rah­men eines Beschlus­ses nach § 522 ZPO.

Mit­un­ter kön­nen Anle­ger in Ein­zel­fäl­len auch die Ent­rei­che­rung, § 143 Abs. 2 InsO, einwenden.

3. Fazit: Die Rech­te der Inves­to­ren wur­den gestärkt

Die Rechts­la­ge ist zwar höchst­rich­ter­lich noch nicht geklärt, rich­tungs­wei­send ist aber die Ent­schei­dung des Ober­lan­des­ge­richts Mün­chen. Kei­nes­falls kann von einer ein­deu­ti­gen Rechts­la­ge zu Guns­ten des Insol­venz­ver­wal­ters gespro­chen werden.

Ob ein Kla­ge­ver­fah­ren sinn­voll ist, muss im Ein­zel­fall geklärt wer­den. Mit der Ent­schei­dung des OLG Mün­chen wur­den die Rech­te der Inves­to­ren gestärkt.

Über den Autor

Part­ner, Rechts­an­walt, Fach­an­walt für Bank- und Kapi­tal­markt­recht Sascha Borow­ski

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