Auskunftsansprüche aus DSGVO als Instrument zur Durchsetzung von Zahlungsansprüchen

Auskunftsansprüche gemäß der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) wurden in jüngerer Zeit vermehrt als Hilfsmittel zur Durchsetzung von Zahlungsansprüchen in Stellung gebracht. Ein solches Vorgehen dürfte jedoch nach ersten veröffentlichten Urteilen der Landgerichte in vielen Fällen rechtmissbräuchlich sein.

Seit dem Jahr 1995 sollte die EG-Datenschutzrichtlinie in der Europäischen Union und im Europäischen Wirtschaftsraum ein gemeinsames Datenschutz-Niveau gewährleisten. Eine unterschiedliche Umsetzung in den verschiedenen Mitgliedsstaaten führte indes zu uneinheitlichen Standards. Zur Modernisierung und Vereinheitlichung des Datenschutzrechts in Europa wurde daher die DSGVO erlassen. Diese trat am 25.05.2018 ohne weitere Umsetzungsakte in allen EU-Mitgliedsstaaten unmittelbar in Kraft.

Auskunftsansprüche aus DSGVO

Gemäß Art 15 DSGVO hat jede Person, deren Daten von einem Verantwortlichen im Sinne von Art. 4 Ziffer 7 DSGVO – hierzu gehören auch Kreditinstitute – verarbeitet werden oder wurden, das Recht, eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob personenbezogene Daten, die sie betreffen, verarbeitet werden. Ist dies der Fall, so hat sie ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten und auf folgende Informationen:

  • Verarbeitungszwecke
  • Kategorien personenbezogener Daten, die verarbeitet werden
  • Empfänger oder Kategorien von Empfängern, gegenüber denen die personenbezogenen Daten offengelegt worden sind oder noch offengelegt werden, insbesondere bei Empfängern in Drittländern oder bei internationalen Organisationen
  • falls möglich die geplante Dauer, für die die personenbezogenen Daten gespeichert werden, oder, falls dies nicht möglich ist, die Kriterien für die Festlegung dieser Dauer
  • das Bestehen eines Rechts auf Berichtigung oder Löschung der sie betreffenden personenbezogenen Daten oder auf Einschränkung der Verarbeitung durch den Verantwortlichen oder eines Widerspruchsrechts gegen diese Verarbeitung
  • das Bestehen eines Beschwerderechts bei einer Aufsichtsbehörde
  • wenn die personenbezogenen Daten nicht bei der betroffenen Person erhoben werden, alle verfügbaren Informationen über die Herkunft der Daten
  • das Bestehen einer automatisierten Entscheidungsfindung einschließlich Profiling und – zumindest in diesen Fällen – aussagekräftige Informationen über die involvierte Logik sowie die Tragweite und die angestrebten Auswirkungen einer derartigen Verarbeitung für die betroffene Person.

Aus den Erwägungsgründen 63 und 64, welche den Art. 15 und die damit verfolgten Ziele erläutern, ergibt sich, dass die vorgenannten Auskunftsrechte die Informationspflichten des Verantwortlichen gemäß Art. 13 und Art. 14 DSGVO über eine erfolgte Speicherung bzw. Verarbeitung ergänzen.  Sie sollen es der betroffenen Person erleichtern, weitere Rechte, z. B. auf Berichtigung, Löschung oder Einschränkung der Verarbeitung personenbezogener Daten durchzusetzen.

Nutzung von Auskunftsansprüchen nach DSGVO zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche

In jüngster Zeit wurden Auskunftsansprüche aus Art. 15 DSGVO vermehrt geltend gemacht, um Informationen zu erlangen, die dann als Angriffsmittel zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche aus der Geschäftsbeziehung eingesetzt werden sollten.

Wer einen datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch jedoch zur Verfolgung zivilrechtlicher Zahlungsansprüche verfolgt, handelt nach der bisher hierzu ergangenen Rechtsprechung rechtsmissbräuchlich (etwa LG Heidelberg, Urt. v. 21.02.2020 – 4 O 6/19; LG Wuppertal, Urt. v. 29.07.2021 – 4 O 409/20). Das Landgericht Wuppertal hat dies in der zitierten Entscheidung wie folgt begründet:

„Der Auskunftsanspruch des Klägers lässt sich bei der vorliegenden Sachlage auch nicht erfolgreich auf § 15 DSGVO stützen. Ihm steht der sich aus § 242 BGB ergebende Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen. Es handelt sich dabei um einen das gesamte Rechtsleben durchziehenden Grundsatz, der als nationale Ausformung auch im Rahmen des § 15 DSGVO Geltung beansprucht. Danach ist die Ausübung eines Rechts u. a. nicht erlaubt, wenn der Anspruchsinhaber eine formale Rechtsstellung ausnutzt oder etwas geltend macht, an dem er kein schützenswertes Eigeninteresse hat (vgl. Grüneberg in Palandt, BGB, 2021, § 242 Rn. 49 f.). Diese beiden Aspekte liegen hier kumulativ vor und verdichten sich zu einem treuwidrigen Verhalten.

Nach dem Willen des Klägers soll das begehrte Auskunftsbündel ausschließlich der Verfolgung von Leistungsansprüchen dienen. Dabei handelt es sich um einen vollkommen verordnungsfremden Zweck. Nach dem Erwägungsgrund 63 DSGVO, dient das Auskunftsrecht aus Art. 15 DSGVO dem Betroffenen vielmehr dazu, sich der Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten bewusst zu sein und deren Rechtmäßigkeit überprüfen zu können. So soll Art. 15 DSGVO eine Rechtmäßigkeitskontrolle der Datenverarbeitungsvorgänge ermöglichen. Der Betroffene soll den Umfang und Inhalt der gespeicherten Daten beurteilen können. Die Auskünfte dienen auch dazu, der betroffenen Person die Wahrnehmung der weiteren Rechte nach der Datenschutzgrundverordnung zu ermöglichen, vor allem das Recht auf Berichtigung nach Art. 16 DSGVO, auf Löschung nach Art. 17 DSGVO und auf Einschränkung der Verarbeitung nach Art. 18 DSGVO (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 03.09.2019 – 20 W 10/18).

Fazit

Werden datenschutzrechtlicher Auskunftsansprüche erkennbar nur zu dem Zweck geltend gemacht, zivilrechtliche Zahlungsansprüche zu ermitteln oder durchzusetzen, kann die Erteilung der begehrten Auskünfte ggf. wegen Rechtsmissbräuchlichkeit des Auskunftsbegehrens abgelehnt werden.

Über den Autor

Geschäftsführer, Partner, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Jochen Rechtmann

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