Entschuldung natürlicher Personen mit dem StaRUG

Rückkehr zur Dualität: Das StaRUG und die Insolvenzordnung

Mit der Insolvenzordnung von 1999 hat der deutsche Gesetzgeber die Dualität von Insolvenz- und Vergleichsrecht abgeschafft, mit dem StaRUG kehrt diese Dualität, wenn auch in modernisierter Form, wieder zurück.

Anwendung des StaRUG: Typische Fälle und Voraussetzungen

Mit Inkrafttreten des StaRUG, dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, war für viele Beteiligte des Wirtschaftslebens unklar, ob überhaupt und wenn ja, welchen Stellenwert das StaRUG in der Praxis haben würde. Die bisherige Praxis zeigt, dass das StaRUG zahlenmäßig auch Relevanz bei der Entschuldung natürlicher Personen erlangt, da mit dem StaRUG ein immer noch relativ langwieriges Restschuldbefreiungsverfahren vermieden werden kann. Insbesondere in der aktuellen wirtschaftlichen Situation könnte das StaRUG erhebliche Bedeutung erlangen.
Typische Anwendungsfälle sind dabei:

  • Der Unternehmer hat sich für Kredite seines Unternehmens verbürgt. Das Unternehmen ist insolvenzantragspflichtig oder hat bereits einen Insolvenzantrag gestellt. Es droht die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft.
  • Der Unternehmer hat eine Steuerstraftat begangen und ist nach § 370 (Steuerhinterziehung), § 373 (Gewerbsmäßiger oder bandenmäßiger Schmuggel) oder § 374 (Steuerhehlerei) der Abgabenordnung (AO) zur Zahlung einer Geldstrafe verurteilt worden.

Unternehmen können immer auf das StaRUG zurückgreifen, natürliche Personen nur dann, wenn die gegen die natürliche Person geltend gemachte Forderung im Zusammenhang mit einer unternehmerischen Tätigkeit steht (§ 4 Nr. 3 Satz 2 StaRUG). Wann dies der Fall ist, ist unklar. Ein entfernter Zusammenhang mit der unternehmerischen Tätigkeit soll genügen. Eine Bürgschaft für das eigene Unternehmen steht jedenfalls unzweifelhaft im Zusammenhang mit der unternehmerischen Tätigkeit der natürlichen Person.

Einschränkungen des StaRUG: Ausnahmen und Haftung

Weiterhin ausgeschlossen ist die Anwendbarkeit des StaRUG bei Forderungen aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen. Hierzu gehören insbesondere Vermögensdelikte wie Betrug und Untreue. Demgegenüber ist eine Gestaltung von Verbindlichkeiten aus einem Steuerschuldverhältnis möglich, wenn der Schuldner wegen einer Steuerstraftat nach den §§ 370, 373, 374 AO zu einer Geldstrafe verurteilt worden ist. Dies hebt der Gesetzgeber in seiner Begründung ausdrücklich hervor (BT-Drs. 19/24181,115) und führt u. a. aus, dass zwischen einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung und einem unabhängig von der deliktischen Begehungsweise entstehenden Steueranspruch ein Wertungsunterschied bestehe. Die Versagung der Anwendbarkeit des StaRUG dürfte auch mit Art. 1 Abs. 5 der EU-Richtlinie unvereinbar sein.

Nicht anwendbar ist das StaRUG zudem, wenn es sich um sonstige Geldstrafen, Geldbußen, Ordnungsgelder und Zwangsgelder sowie solche Nebenfolgen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit handelt, die zu einer Geldzahlung verpflichten (§ 4 Nr. 3 StaRUG i. V. m § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO). Von besonderer Bedeutung ist hier die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen in der Krise des Unternehmens. Bei einem späteren Insolvenzantrag haftet der Geschäftsleiter nicht nur mit seinem Privatvermögen für den Ausfall, sondern macht sich auch strafbar. Ein Verfahren nach dem StaRUG, aber auch ein Restschuldbefreiungsverfahren sind nicht mehr möglich. Hier wird einmal mehr deutlich, wie wichtig es ist, rechtzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen.

Das StaRUG als Alternative zum Restschuldbefreiungsverfahren

Das StaRUG ist auch dann nicht anwendbar, wenn bereits Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist. Ist die natürliche Person einer fälligen Forderung ausgesetzt, zum Beispiel der Inanspruchnahme der Bank aus einer Bürgschaftsforderung oder der Fälligkeit der Geldforderung aus einer Steuerstraftat, die meist sehr hoch sein dürfte, ist sie zahlungsunfähig. Es muss daher sichergestellt sein, dass die Forderung aus der Bürgschaft noch nicht fällig oder das Urteil in Bezug auf die Steuerstraftat noch nicht rechtskräftig ist. Droht die Fälligstellung durch die Bank oder das dem Anspruch stattgebende Urteil aus der Steuerforderung, sollte rechtzeitig die Anzeige des Restrukturierungsvorhabens beim zuständigen Restrukturierungsgerichts erfolgen (§ 31 StaRUG). Solange die Restrukturierungssache rechtshängig ist, ist eine danach eintretende Zahlungsunfähigkeit unschädlich (§ 42 Abs. 1 StaRUG).

Mit einem nach dem StaRUG bestätigten Restrukturierungsplan ist die natürliche Person im Hinblick auf das gestaltete Rechtsverhältnis entschuldet und ein langwieriges Restschuldbefreiungsverfahren, das die Teilnahme des Schuldners am Wirtschaftsleben praktisch verhindert, wird vermieden.

Langfristige Konsequenzen: Die Gefahr einer 30-jährigen Vollstreckung

Natürlich muss eine natürliche Person nicht zwingend den Weg durch ein Restschuldbefreiungsverfahren gehen, zumal viele Forderungen nach wenigen Jahren verjähren. Dies gilt jedoch nicht bei titulierten Forderungen. Liegt das rechtskräftige Urteil wegen der Steuerstraftat oder ein der Bürgschaftsforderung stattgebendes Urteil vor, verjähren diese Forderungen erst nach 30 Jahren.

Im Übrigen erlangt die Bank den Titel aus der Bürgschaft sehr schnell, da sie in der Regel im Urkundenprozess vorgeht. Der Gläubiger kann dann 30 Jahre lang vollstrecken, d. h. in Konten und Wertgegenstände, Geschäftsanteile und dergleichen kann jederzeit vollstreckt werden. Dieses Schicksal droht insbesondere dann, wenn der Insolvenzantrag zu spät gestellt wird und bei Antragstellung nicht sämtliche Sozialversicherungsbeiträge abgeführt sind. Der Geschäftsleiter ist dann 30 Jahre lang den Vollstreckungshandlungen seiner Gläubiger ausgesetzt.

Über den Autor

Geschäftsführer, Partner, Rechtsanwalt Robert Buchalik

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