Erschwerte Zugangsvoraussetzungen für die Eigenverwaltung ab dem 1. Januar 2021

Bekanntlich hat der Gesetzgeber mit dem am 1. Januar 2021 in Kraft getretenen Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) ein neues außergerichtliches Sanierungsverfahren mit einem sogenannten Restrukturierungsplan auf den Weg gebracht. Daneben wurden allerdings auch die Eingangshürden zur Beantragung einer Insolvenz in Eigenverwaltung erheblich verändert. Dieser Beitrag zeigt auf, was für die erfolgreiche Einleitung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung jetzt beachtet werden muss.

I. Hintergrund der vom Gesetzgeber verabschiedeten Änderungen der Voraussetzungen einer Insolvenz in Eigenverwaltung

Im Jahre 2018 wurden im Rahmen der sogenannten ESUG-Evaluation die bisher durchgeführten Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung näher untersucht. Hierbei hat sich gezeigt, dass sich dieses Sanierungswerkzeug in der Praxis bewährt und in vielen Fällen zur nachhaltigen Sanierung von Unternehmen geführt hat. Allerdings ist festgestellt worden, dass in einigen wenigen Fällen, ein solches Verfahren zu spät eingeleitet wurde – also zu einem Zeitpunkt, bei dem die Krise schon vertieft war. Das führte dann dazu, dass diese eingeleiteten Verfahren als Regelinsolvenzverfahren weitergeführt wurden. Vor diesem Hintergrund sollen mit den jetzigen Änderungen nur noch die Unternehmen ein Eigenverwaltungsverfahren beantragen können, bei denen die Krise noch nicht so vertieft ist. Zudem muss der Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung nach dem Willen des Gesetzgebers jetzt noch sorgfältiger und gewissenhafter vorbereitet werden, als das bisher schon der Fall war. Das Insolvenzgericht soll jetzt noch akzentuierter als bisher bei der Prüfung des Insolvenzantrages eine „Gate- Keeper- Funktion“ einnehmen.

II. Konkret: Welche Änderungen müssen jetzt beim Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung beachtet werden?

Der Antrag für das klassische Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung ist nunmehr in § 270b n.F. geregelt. Der Antrag für ein Schutzschirmverfahren ist nun in § 270d InsO n.F. kodifiziert. Neben dem eigentlichen Insolvenzantrag sind nach den Änderungen nun weitere zwingende Unterlagen einzureichen. Diese weiteren Unterlagen zum Insolvenzantrag müssen für die erfolgreiche Beantragung einer Insolvenz in Eigenverwaltung folgendes beinhalten:

  1. 6-Monats Finanzplan: Hieraus muss sich ergeben, dass die Liquidität zur Finanzierung der Betriebsfortführung sowie die Begleichung der Verfahrenskosten gesichert ist.
  2. Konzept zur Insolvenzbewältigung: Art, Ausmaß und Ursachen der Krise müssen dargestellt sein. Das Ziel der Eigenverwaltung und die Maßnahmen müssen dargestellt sein.
  3. Verhandlungsstand Stakeholder: Der Stand von Verhandlungen mit Gläubigern, Gesellschaftern und Dritten muss dargestellt sein.
  4. Sicherstellung insolvenzrechtlicher Pflichten: Es muss ausgeführt sein, dass die Erfüllung insolvenzrechtlicher Pflichten sichergestellt ist (bspw. über einen Generalbevollmächtigten, CRO oder externe Insolvenzexperten).
  5. Kostenvergleich zu Regelverfahren: Die Kosten der Eigenverwaltung dürfen nicht wesentlich höher sein als Kosten der Regelinsolvenz.
  6. Zahlungsrückstände gegenüber Gläubigern: Der Verzug gegenüber Arbeitnehmern, Pensionsbeziehern, Fiskus, Sozialversicherungsträgern oder Lieferanten ist offenzulegen. Hier darf in der Regel kein erheblicher Rückstand vorliegen.
  7. Keine Vollstreckungs-/Verwertungssperren innerhalb der letzten drei Jahre vor Beantragung der Insolvenz in Eigenverwaltung (also keine Vorinsolvenz oder eine Stabilisierungsanordnung innerhalb der letzten drei Jahre).
  8. Erfüllung der Offenlegungspflicht der Jahresabschlüsse der letzten drei Jahre nach §§ 325 ff. HGB.

Wenn alle acht Voraussetzungen erfüllt sind, dann ist insoweit das Ermessen des zuständigen Insolvenzrichters eingeschränkt und die Eigenverwaltung ist anzuordnen. Sollten jedoch die Voraussetzungen der Ziffern 1 sowie 5 bis 8 nicht ohne weiteres erfüllt sein, dann gilt der § 270b Abs. 2 InsO n.F. Dann ist eine Eigenverwaltung trotzdem anzuordnen, wenn ein einstimmiger Beschluss des Gläubigerausschusses vorliegt. Daneben kann der Insolvenzrichter auch bei Nichtvorliegen dieser Voraussetzungen die Insolvenz in Eigenverwaltung anordnen, wenn davon auszugehen ist, dass die Geschäftsführung an den Gläubigerinteressen ausgerichtet wird. Hier hat der Richter aber einen Ermessensspielraum.

III. Privilegierung der coronabedingten Insolvenzen bei der Einleitung der Eigenverwaltung bis Ende 2021

Bei Unternehmen, deren Krise ausschließlich durch die Coronapandemie  herbeigeführt wurde, gilt bei einer Beantragung der Eigenverwaltung bis Ende 2021 weiterhin das alte Recht. Danach ist beim Eigenverwaltungsantrag lediglich aufzuführen, dass keine offensichtlichen Nachteile zulasten der Gläubiger bestehen.  Eine coronabedingte Insolvenz liegt nach § 5 Abs. 2 COVInsAG vor, wenn ein Insolvenzexperte folgendes bestätigt:

  1. Das Unternehmen war am 31.12.2019 weder zahlungsunfähig noch überschuldet.
  2. Das Unternehmen hat im letzten vor dem 01.01.2020 abgeschlossenen Geschäftsjahr ein positives Ergebnis erwirtschaftet.
  3. Der Umsatz aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit im Jahr 2020 muss im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 30 Prozent eingebrochen sein.

Wenn das Vorliegen der unter 1. bis 3. genannten Voraussetzungen, auch im Rahmen einer Schutzschirmbescheinigung bestätigt wird, kann dann sogar ein Schutzschirmverfahren selbst bei eingetretener Zahlungsunfähigkeit eingeleitet werden.

Alternativ kann nach § 5 Abs. 3 COVInsAG auch ohne Bestätigung eines Insolvenzexperten die Privilegierung genutzt werden, wenn keine offenen Verbindlichkeiten bestehen, die bereits am 31.12.2019 fällig waren. Dies ist dann im Insolvenzantrag anzugeben und von der Geschäftsführung zu bestätigen. Diese Möglichkeit dürfte für viele betroffene Unternehmen eine gute Chance bieten, doch die einfacheren Zugangsvoraussetzungen zur Eigenverwaltung zu nutzen.

IV. Was bedeuten die Änderungen für die Praxis?

Die zusätzlichen Eintrittsvoraussetzungen für die Eigenverwaltung sind gar nicht so neu wie es auf den ersten Blick scheint. So haben in der Vergangenheit bereits viele Gerichte vor der Anordnung der Eigenverwaltung beispielsweise einen Finanzplan oder einen Kostenvergleich mit der Regelinsolvenz verlangt. Diese Anforderungen sind jetzt auch klar und eindeutig so im Gesetzt verankert. Allerdings kommt es jetzt noch mehr als früher darauf an, dass die betroffenen Unternehmen rechtzeitig und früh genug hier aktiv werden und die Einleitung eines Sanierungsverfahrens prüfen lassen. Die Berater müssen jetzt noch intensiver als früher eine genaue Vorprüfung durchführen, ob das Unternehmen auch für die Eigenverwaltung geeignet ist. Wenn das Unternehmen zu spät die Initiative ergreift, bleibt dann nur die Regelinsolvenz, bei der dann fremdbestimmt über das weitere Schicksal des Unternehmens – oftmals die Liquidation – entschieden wird.

Die Privilegierung bei coronabedingten Insolvenzen könnte dazu führen, dass bis Ende des Jahres 2021 einige Unternehmen vom erleichterten Zugang zur Eigenverwaltung profitieren wollen.

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