Mit dem Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) wurde die Insolvenzordnung zum 01. März 2012 umfassend geändert, um die Sanierung von Unternehmen zu erleichtern und eine Kultur der zweiten Chance zu etablieren. Zu diesem Zweck sollte der Einfluss der Gläubiger auf die Auswahl des Insolvenzverwalters gestärkt, die Nutzung der Eigenverwaltung erleichtert und das Insolvenzplanverfahren von Hemmnissen und Verzögerungen befreit werden. Um zu untersuchen, ob das Gesetz an der ein oder anderen Stelle Nachjustierungs- oder Verbesserungsbedarf aufweist, hat der Bundestag die Bundesregierung gleichzeitig aufgefordert, die Erfahrungen mit der Anwendung des Gesetzes nach Ablauf von fünf Jahren nach dem Inkrafttreten zu evaluieren und auf dieser Grundlage Bericht zu erstatten. Bei der Evaluierung und der Berichterstattung sollen die folgenden Sachverhalte geprüft und erläutert werden (BR-Drs. 679/11, S. 3):

  • In welchem Umfang hat sich der stärkere Einfluss der Gläubiger auf die Auswahl des Insolvenzverwalters auf dessen Unabhängigkeit ausgewirkt? Ist es im nennenswerten Umfang vorgekommen, dass im Interesse einzelner Gläubiger Verwalter bestellt wurden, an deren Unabhängigkeit erhebliche Zweifel bestanden haben?
  • Wurde von der Möglichkeit, über einen Insolvenzplan in die Rechtsstellung von Gesellschaftern einzugreifen, Gebrauch gemacht und wie hat sich dies auf die Schuldnerunternehmen ausgewirkt? In welchem Umfang wurden Forderungen in Eigenkapital umgewandelt, und hat dieser Debt-Equity-Swap im nennenswerten Umfang grob egoistische Strategien ermöglicht, die sich letztlich zum Nachteil der Unternehmen und ihrer Arbeitnehmer ausgewirkt haben?
  • Wird das neu geschaffene „Schutzschirmverfahren“ des § 270b InsO den Erwartungen gerecht und hat es insbesondere zu einer frühzeitigen Antragstellung und zu einer Stärkung der Eigenverwaltung geführt? Wird trotz § 270b InsO noch ein Bedürfnis für ein vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren gesehen?
  • Ist die Aufgabenverteilung zwischen Richter und Rechtspfleger angemessen oder sollte im Interesse einer effektiven Verfahrensabwicklung die funktionelle Zuständigkeit neu austariert werden?

Am 11. Mai 2017 hat sich das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) dazu entschieden, dass die Bietergemeinschaft Jacoby/Madaus/Sack/Schmidt/Thole die wissenschaftliche Evaluation durchführen werden. Bis Mai 2018 soll zunächst eine rechtstatsächliche Untersuchung durchgeführt werden, die neben statistischen Daten (erhoben von INDat) vor allem auch eine Befragung der mit dem ESUG beschäftigten Berufsträger beinhaltet (https://www.esug-evaluation.de/). Danach werden die Daten analysiert und in eine rechtswissenschaftliche Evaluation der ESUG-Reformen eingepflegt. Die Ergebnisse sollen gegen Ende des Untersuchungszeitraums in einem Symposium mit Vertretern von relevanten Berufsverbänden diskutiert werden.

„Die Entschließung, eine Evaluierungsklausel aufzunehmen, war jedenfalls richtig und wichtig. Jedes Gesetz sollte nach einer bestimmten Zeit auf seine Sinnhaftigkeit und auf seine Wirksamkeit hin überprüft werden. Insofern ist es richtig, dass sich der Gesetzgeber hier verpflichtet hat, nach fünf Jahren das ESUG zu überprüfen“, so Robert Buchalik, Vorstandsvorsitzender des BV ESUG. Außerdem steht der Richtlinienvorschlag der EU über präventive Restrukturierungsrahmen, die zweite Chance und Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren und zur Änderung der Richtlinie 2012/30/EU (2016/0359 (COD)) seit dem 22.11.2016 zur Diskussion. Der Richtlinienvorschlag will die Sanierungskultur in Europa stärken. Er hat daher dieselbe Zielrichtung wie das ESUG. Allerdings sollte vor der Umsetzung weiterer Reformen, das bestehende Recht auf seinen Verbesserungs- bzw. Nachjustierungsbedarf hin überprüft werden. Daher ist die Evaluierung über Erfolg und Defizite des ESUG ein wesentlicher Faktor, um fundiert einschätzen zu können, inwieweit das deutsche Restrukturierungsrecht gut funktioniert und inwieweit Reformbedarf besteht. Dieser Reformbedarf könnte sodann ggf. bereits im Rahmen der Richtlinienumsetzung behoben werden.

„Es sollten sich möglichst viele Berater und vor allem diejenigen Unternehmer, die bereits Erfahrungen mit der Eigenverwaltung gemacht haben, sich an der Evaluierung beteiligen und den Fragebogen beantworten“, so Robert Buchalik.

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