Der Weg zur erfolgreichen Sanierung der Dücker-Gruppe durch ein Schutzschirmverfahren ‒ Einblicke, Herausforderungen und Learnings

Interview mit dem Sanierungsexperten Alfred Kraus

Herr Kraus, Sie haben zusammen mit Ihren beiden Anwaltskollegen, Herrn Dr. Jasper Stahlschmidt und Herrn Philipp Wolters, die als Generalbevollmächtigte in den drei Dücker-Verfahren, nämlich Dücker Group GmbH, Dücker conveyor systems GmbH und Dücker Förder-Systeme GmbH, tätig waren, die drei Schutzschirmverfahren juristisch mitbegleitet und auch die drei Insolvenzpläne erstellt, denen die Gläubiger am 30.05.2023 einstimmig zugestimmt haben. Seit Ende Juni 2023 sind die Verfahren durch das Gericht förmlich aufgehoben und damit erfolgreich beendet. Vor diesem Hintergrund freuen wir uns sehr, dass Sie uns für dieses Interview zur Verfügung stehen und aus erster Hand über die Herausforderungen und den Verlauf dieser drei Schutzschirmverfahren der Dücker-Gruppe berichten können.

Was war die Ausgangssituation?

Die Dücker-Gruppe mit Sitz in Langenfeld zählt zu den weltweit führenden Unternehmen im Maschinen- und Anlagenbau für die Wellpappenindustrie mit über 300 Beschäftigten. Das Unternehmen hat sich seit seiner Gründung im Jahre 1848 von einer Schmiede und Schlosserei auf die Konzipierung und Produktion von Transportanlagen speziell für die Wellpappenindustrie weiterentwickelt. Die Dücker-Gruppe erwirtschaftete 2022 einen Jahresumsatz von rund 90 Mio. Euro.

Insbesondere durch stark gestiegene Kosten im ersten Halbjahr 2022 geriet die Dücker-Gruppe in eine Liquiditätskrise. Hinzu kamen Projektstaus und -verschiebungen aufgrund der Corona-Pandemie und eine Überlastung der Organisation durch das starke Wachstum, die sich Ende September 2022 zu einer drohenden Zahlungsunfähigkeit verschärften und am 23.09.2022 zur Einleitung der drei Schutzschirmverfahren führten.

Was war das Ziel?

Unser Ziel war es, die Dücker-Gruppe zu sanieren, sie auf einen nachhaltigen Wachstumskurs zu bringen, ohne die Qualität der Produkte und Dienstleistungen zu beeinträchtigen. Zugleich sollten die Kunden- und Lieferantenbeziehungen und ein Großteil der Arbeitsplätze erhalten bleiben.

Warum wurde das Schutzschirmverfahren und kein vorläufiges Eigenverwaltungsverfahren gewählt?

Das Schutzschirmverfahren ermöglicht es dem Unternehmen, die Kontrolle über den Sanierungsprozess zu behalten. Die Geschäftsführung sitzt also weiterhin im „Driver‘s Seat“. Es ist eine besondere Variante der vorläufigen Eigenverwaltung, die jedoch in der Außendarstellung deutlich positiver wahrgenommen wird. Das liegt zum einen daran, dass in diesem Verfahren von vornherein der Schwerpunkt auf einem zu erstellenden Sanierungs- bzw. Insolvenzplan liegt, der binnen drei Monaten nach der Verfahrenseinleitung dem Insolvenzgericht vorgelegt werden muss. Zum anderen steht dieses Verfahren nur Unternehmen zur Verfügung, die frühzeitig, d.h. noch im Stadium der drohenden Zahlungsunfähigkeit, ein solches Verfahren eingeleitet haben.

Gleichzeitig hat das Unternehmen in einem Schutzschirmverfahren das Recht, dem Gericht die Person des vorläufigen Sachwalters vorzuschlagen. Dieser Aspekt hat in dem Verfahren der Dücker-Gruppe aber keine maßgebliche Rolle gespielt, da die Auswahl des vorläufigen Sachwalters von vornherein in enger Abstimmung mit dem Insolvenzgericht und den wichtigsten Gläubigern erfolgte. Zum (vorläufigen) Sachwalter wurde Herr Rechtsanwalt Dr. Christian Holzmann aus Düsseldorf bestellt, der uns in diesem Verfahren sehr unterstützt und gleichzeitig auf die Wahrung der Gläubigerinteressen geachtet hat.

Ist dem Unternehmen der Schritt leichtgefallen?

Es ist nie leicht, gerade für ein alteingesessenes mittelständisches Familienunternehmen, ein Insolvenzverfahren einzuleiten, auch wenn es sich in diesem Fall um ein Schutzschirmverfahren mit dem Ziel der Sanierung gehandelt hat. Aber es war der notwendige, richtige und verantwortungsvolle Schritt, von dem wir unsere Mandantschaft überzeugen konnten, um das Unternehmen zu stabilisieren und eine nachhaltige Lösung für die Krisensituation zu finden.

Gab es Besonderheiten im Verfahren?

Eine Besonderheit war sicherlich der von Anfang an aufgesetzte internationale M&A-Prozess, der sehr wettbewerbsintensiv war. Letztlich konnte sich dabei der Finanzinvestor Nimbus hands-on investors aus den Niederlanden/München durchsetzen, der sich im Wege eines Kapitalschnitts an der Dücker Gruppe beteiligte. Die Familie Dücker bleibt als Mitgesellschafter an Bord.

Im Rahmen des Schutzschirmverfahrens wurde von der Unternehmensberatung plenovia GmbH, Düsseldorf, ein Sanierungskonzept erarbeitet. Insbesondere die Projektabwicklung und Fertigungsplanung sollen zukünftig verbessert und effizienter gestaltet werden. Zudem wird die kaufmännische Steuerung optimiert, um die Profitabilität von Projekten vorab besser beurteilen zu können.

Wie hat sich das Verfahren auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgewirkt?

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden in regelmäßigen Mitarbeiterversammlungen über den Fortschritt des Verfahrens informiert. Sie haben im Verfahren vollen Einsatz gezeigt und damit maßgeblich zum Erfolg der Sanierung beigetragen. Über 300 Arbeitsplätze bleiben erhalten, 49 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wechselten in eine Transfergesellschaft. Es war uns von Anfang an wichtig, in Abstimmung mit dem Betriebsrat und der IG Metall die Auswirkungen auf das Mitarbeiter-Team so gering wie möglich zu halten und den Standort Langenfeld zu erhalten.

Wie haben Lieferanten, Banken und andere Stakeholder reagiert und mit welchem Ergebnis?

Von unseren Partnern haben wir ein positives Feedback und zugleich großes Verständnis für den eingeschlagenen Sanierungsweg erhalten. Die einstimmige Zustimmung der Gläubiger zu den drei Insolvenzplänen spricht für die konstruktive Zusammenarbeit in diesem Verfahren und das Vertrauen in unser Sanierungsteam. Ein Schutzschirmverfahren erfordert eine gründliche kompetente Vorbereitung und professionelle Begleitung des Verfahrens sowie ein hohes Maß an Transparenz, was uns gelungen ist. Die Gläubiger erhalten nach Maßgabe der drei Insolvenzpläne eine überdurchschnittliche Planquote.

Wie beurteilen Sie rückblickend das Verfahren, war es einfach oder eher schwierig?

Solche Verfahren sind nie einfach, sie erfordern ein hohes Maß an Engagement, Vorbereitung, Professionalität und Durchhaltevermögen. Aber es hat sich gelohnt, denn das positive Sanierungsergebnis zeigt, dass wir den richtigen Weg eingeschlagen haben.

Was hat zum Erfolg beigetragen?

Der Erfolg ist das Ergebnis einer gemeinsamen Anstrengung aller Beteiligten. Ein besonderer Dank gilt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den Kunden und Lieferanten, den finanzierenden Banken, dem Sachwalter, dem Gericht, dem Gläubigerausschuss und dem eingesetzten M&A-Berater für ihre Unterstützung.

Welche Erfahrungen können Sie an Unternehmen weitergeben, die sich in einer ähnlichen Ausgangssituation befinden?

Das wichtigste Learning ist, rechtzeitig zu handeln, wie es die Familie Dücker getan hat. Um die Sanierungschancen zu erhöhen, sollte sich die Geschäftsleitung in der Krise frühzeitig beraten lassen und nicht bis zum Eintritt einer Zahlungsunfähigkeit warten. Wichtig ist in einem solchen Verfahren auch, Vertrauen aufzubauen sowie offen und transparent mit allen Beteiligten zu kommunizieren und ein starkes, verlässliches Team um sich zu haben. Die Sanierung eines Unternehmens ist eine komplexe Aufgabe, die Führungsstärke, strategisches Denken und harte Arbeit erfordert. Wie der Fall der Dücker-Gruppe zeigt, können auch schwierige Situationen erfolgreich gemeistert werden.

Herr Kraus, wir danken Ihnen für das Gespräch!

Das Interview führte Dorothee Heckemann, Leiterin Marketing & PR, BBR Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte

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