Kommt die bedingungslose Restschuldbefreiung nach drei Jahren?

Die regelmäßige Dauer der Restschuldbefreiung für eine natürliche Person beträgt derzeit sechs Jahre (§ 287 Abs. 2 InsO). Werden mindestens 35 Prozent der Forderungen der Insolvenzgläubiger befriedigt und die Verfahrenskosten gezahlt, kann die Restschuldbefreiung bereits nach drei Jahren (seit Beginn der Abtretungsfrist) auf Antrag erlangt werden (§ 300 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 InsO).

Möglicherweise wird die Entschuldungsfrist bald auf maximal drei Jahre reduziert

Am 20.06.2019 ist die Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz (EU) 2019/1023 in Kraft getreten. Deutschland hat nun bis zum 17.07.2021 Zeit, diese Richtlinie in nationales Recht umzuwandeln. Hat ein Mitgliedsstaat Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Richtlinie, kann die Frist zur Umsetzung um ein Jahr verlängert werden. Spätestens am 17.07.2022 muss die Richtlinie demnach in nationales Recht umgewandelt worden sein.

In der Richtlinie (EU) 2019/1023 ist bisher nur eine Konkretisierung für Unternehmen vorgesehen.
In Art. 21 heißt es dazu, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen sollen, dass die Frist, nach deren Ablauf insolvente Unternehmer in vollem Umfang entschuldet werden können, höchstens drei Jahre betragen darf. Das bedeutet, dass spätestens nach drei Jahren die Restschuldbefreiung erlangt werden kann.

Ob die Restschuldbefreiung nach drei Jahren in Zukunft auch auf Verbraucher Anwendung findet, ist derzeit noch nicht absehbar, aber wahrscheinlich. So empfiehlt die Richtlinie, die Verkürzung der Entschuldungsfrist auch auf Verbraucher anzuwenden. Eine Differenzierung zwischen Unternehmern und Verbrauchern würde zudem möglicherweise gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen und damit zu verfassungsrechtlichen Problemen führen, da nach Art. 24 der Richtlinie sowohl die beruflichen als auch die privaten Schulden des Unternehmers in einem Verfahren behandelt werden sollen. Warum die privaten Schulden des Unternehmers nicht aber die des Verbrauchers von der Verkürzung der Entschuldungsfrist umfasst sein sollen, wird sich nur schwer begründen lassen.

Bundesjustizministerin Christine Lamprecht erklärte auf dem Deutschen Insolvenzverwalterkongress 2019, dass sie sich für eine Verkürzung der Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens auf drei Jahre auch für Verbraucherinnen und Verbraucher einsetzen werde. Um zu verhindern, dass Schuldnerinnen und Schuldner bis zum Inkrafttreten des neuen Rechts nun dazu übergehen, die Antragstellung zu verzögern, um in den Genuss der verkürzten Frist zu kommen, soll die verkürzte Dauer der Restschuldbefreiung ab sofort sukzessive eingeführt werden.

Konkrete Folge

Von der ursprünglichen 72-monatigen Dauer der Restschuldbefreiung werden die Monate, die seit Inkrafttreten der Richtlinie (20.06.2019) und dem Tag der Antragstellung vergangen sind, in Abzug gebracht. Beispiel: Wurde zwischen dem 17.01.2020 und dem 16.02.2020 ein Insolvenzantrag gestellt, würde das Restschuldbefreiungsverfahren nur noch fünf Jahre und sechs Monate (66 Monate) dauern, statt wie bisher sechs Jahre (72 Monate). Wird zwischen dem 17.02.2020 und dem 16.03.2020 ein Insolvenzantrag gestellt, würde eine Frist von fünf Jahren und fünf Monaten (65 Monate) gelten.

Mit dieser Übergangsregelung lohnt es sich somit nicht mit dem Insolvenzantrag abzuwarten, bis Deutschland die Richtlinie in nationales Recht umgesetzt hat.

Sollte wider Erwarten die gesetzliche Neuregelung sehr viel schneller für die Schuldnerinnen und Schuldner wirksam werden, verbleibt gegebenenfalls als Alternative, den ursprünglichen Restschuldbefreiungsantrag zurückzunehmen und sofort einen neuen Antrag unter der Geltung der 3-Jahresfrist zu stellen. Ob diese Alternative in Frage kommt, wird in jedem Einzelfall zu prüfen sein.

Daniela Frank, Geprüfte Rechtsfachwirtin und Datenschutzbeauftragte, Geschäftstellenleiterin Bundesverband ESUG und Sanierung Deutschland e.V.

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