Seit Inkraft­tre­ten des Geset­zes zur wei­te­ren Erleich­te­rung der Sanie­rung von Unter­neh­men (ESUG) im März 2012 sind die Pflich­ten von Mit­glie­dern des Vor­stands bzw. der Geschäfts­füh­rung von Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten in der vor­läu­fi­gen Eigen­ver­wal­tung gem. §§ 270a bzw. 270b InsO sowie in deren Vor­feld Gegen­stand ein­ge­hen­der Unter­su­chun­gen und Dis­kus­sio­nen. Dem­ge­gen­über fin­det sich noch rela­tiv wenig zu der Fra­ge, wel­che Ver­pflich­tun­gen dem Auf­sichts­rat im Zusam­men­hang mit der Vor­be­rei­tung und Durch­füh­rung von ESUG-Ver­­­fah­­ren oblie­gen. Die­ser Fra­ge soll im Fol­gen­den nach­ge­gan­gen werden.

Pflich­ten des Auf­sichts­rats in der Unternehmenskrise
1. All­ge­mei­ne Organ­pflich­ten des Aufsichtsrats

Der Auf­sichts­rat hat die Geschäfts­füh­rung zu über­wa­chen (§ 111 Abs. 1 AktG). Die­se Über­wa­chungs­pflicht besteht nicht nur von Fall zu Fall, son­dern fort­dau­ernd und bezieht sich auf sämt­li­che Lei­tungs­auf­ga­ben, d.h. sämt­li­che ori­gi­nä­ren und nicht dele­gier­ba­ren Füh­rungs­auf­ga­ben des Vor­stands. Hier­zu gehö­ren ins­be­son­de­re die wesent­li­chen ope­ra­ti­ven Maß­nah­men sowie die nach § 91 Abs. 2 AktG zu ergrei­fen­den Maß­nah­men zur früh­zei­ti­gen Erken­nung bestands­ge­fähr­den­der Ent­wick­lun­gen. Die dem Auf­sichts­rat über­tra­ge­ne Über­wa­chungs­auf­ga­be ist mit­hin nicht nur ver­gan­gen­heits­be­zo­gen, son­dern auch in die Zukunft gerich­tet. Dem­entspre­chend ist der Auf­sichts­rat auch zur Bera­tung des Vor­stands bei Ent­schei­dun­gen über die künf­ti­ge Unter­neh­mens­po­li­tik berech­tigt und ver­pflich­tet. Über­wa­chungs­maß­stab sind Recht­mä­ßig­keit, Ord­nungs­mä­ßig­keit und Zweck­mä­ßig­keit der Geschäftsführung.

2. Organ­pflich­ten des Auf­sichts­rats in der Unternehmenskrise

Nach inzwi­schen herr­schen­der Mei­nung erhö­hen sich die not­wen­di­ge Inten­si­tät der Kon­trol­le sowie der geschul­de­te Bera­tungs­auf­wand in der Unter­neh­mens­kri­se der­ge­stalt, dass die beglei­ten­de Über­wa­chung dann in eine unter­stüt­zen­de und letzt­end­lich sogar eine gestal­ten­de Über­wa­chung umschla­gen muss. Ins­be­son­de­re ist der Auf­sichts­rat bei sich abzeich­nen­der Zah­lungs­un­fä­hig­keit oder Über­schul­dung dazu ver­pflich­tet, auf die recht­zei­ti­ge Stel­lung eines Insol­venz­an­trags hin­zu­wir­ken. Auch muss er in sol­chen Fäl­len dar­auf hin­wir­ken, dass ab Ein­tritt der Zah­lungs­un­fä­hig­keit oder Über­schul­dung nur noch Zah­lun­gen geleis­tet wer­den, die mit § 92 Abs. 2 AktG ver­ein­bar sind. Bei „Füh­rungs­lo­sig­keit“ der Gesell­schaft, die­se liegt nach herr­schen­der Mei­nung nur vor, wenn der Vor­stand nicht mehr besetzt ist, ist jedes Auf­sichts­rats­mit­glied gem. § 15a Abs. 3 InsO sogar selbst insolvenzantragspflichtig.

Unab­hän­gig davon muss der Auf­sichts­rat dafür Sor­ge tra­gen, dass der Vor­stand mit Mit­glie­dern besetzt ist, die nach­weis­bar zur Bewäl­ti­gung von Kri­sen­si­tua­tio­nen geeig­net und in der Lage sind. Zu die­sem Zweck kann der Auf­sichts­rat gehal­ten sein, bestimm­te Vor­stands­mit­glie­der abzu­be­ru­fen bzw. neue Vor­stands­mit­glie­der zu bestel­len. Ein wich­ti­ger Grund zur Abbe­ru­fung eines Vor­stands­mit­glieds im Sin­ne von § 84 Abs. 3 Satz 1 AktG liegt vor, wenn das betref­fen­de Vor­stands­mit­glied zur ord­nungs­ge­mä­ßen Geschäfts­füh­rung in der Kri­se nicht in der Lage ist. Glei­ches gilt auch schon dann, wenn eine kre­di­tie­ren­de Bank die Abbe­ru­fung eines Vor­stands­mit­glieds zur Vor­aus­set­zung einer drin­gend benö­tig­ten Kre­dit­ver­län­ge­rung macht.

Schluss­end­lich muss der Auf­sichts­rat dar­auf hin­wir­ken, dass der Vor­stand ein Sanie­rungs­kon­zept vor­legt und die­ses ein­ge­hend mit ihm berät. Die dort vor­ge­se­he­nen Maß­nah­men sind jeweils nach Art, Zweck und Ziel, Kos­ten, Erfolgs­wahr­schein­lich­keit und Ver­ant­wort­lich­keit zu beur­tei­len. Fehlt dem Auf­sichts­rat hier­zu die eige­ne Sach­kom­pe­tenz oder hält er die dem Sanie­rungs­kon­zept zugrun­de lie­gen­den Ana­ly­sen für unzu­rei­chend, muss er Sach­ver­stän­di­ge zur Prü­fung und erfor­der­li­chen­falls auch grund­le­gen­den Über­ar­bei­tung heranziehen.

Der kom­plet­te zwei­sei­ti­ge Bei­trag kann unter https://recherche.aufsichtsrat.de/document.aspx?docid=AR1229871 abge­ru­fen wer­den (als “Der Aufsichtsrat”-
Abon­nent kos­ten­frei, als Nicht-Abon­­nent kostenpflichtig).

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Pres­se­mit­tei­lun­gen

  • Die Lehmen­siek Tief­bau GmbH und die Lehmen­siek Tele-Tech­nik GmbH stre­ben mit­hil­fe eines vor­läu­fi­gen Eigen­ver­wal­tungs­ver­fah­rens eine Sanie­rung an. Unter­schied­li­che Wirt­schafts­fak­to­ren führ­ten zu einer finan­zi­el­len Schief­la­ge des Unter­neh­mens. In einem ers­ten Schritt wird ein Sanie­rungs­kon­zept erar­bei­tet und den Gläu­bi­gern zur Abstim­mung vorgelegt.

  • 25 Jah­re Sanie­rungs­be­ra­tung aus einer Hand! Gemein­sam mit unse­rer Schwes­ter­ge­sell­schaft ple­no­via fei­ern wir im Jah­re 2023 das Erfolgs­kon­zept der inte­grier­ten Bera­tung: Betriebs­wirt­schaft­li­che Kom­pe­tenz mit spe­zia­li­sier­ter Rechts­be­ra­tung und Rechts­ge­stal­tung auf allen Gebie­ten des Restrukturierungsrechts.

  • Die NEUERO-Farm- und För­der­tech­nik GmbH hat sich mit­hil­fe eines Eigen­ver­wal­tungs­ver­fah­rens erfolg­reich saniert. Das Fami­li­en­un­ter­neh­men, das rund 50 Mit­ar­bei­ten­de beschäf­tigt, hat­te am 23.02.2022 beim Amts­ge­richt Osna­brück ein Eigen­ver­wal­tungs­ver­fah­ren bean­tragt. Der Restruk­tu­rie­rungs­plan wur­de von den Gläu­bi­gern ein­stim­mig ange­nom­men und das Ver­fah­ren am 31.12.2022 aufgehoben.

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