Die Sanierungsabsicht der Gläubiger als zentrales Element eines steuerfreien Sanierungsgewinns

Im Rahmen einer Restrukturierung bzw. Sanierung werden typischerweise Sanierungsbeiträge von Gläubigern in Form von Forderungsverzichten geleistet. Insoweit entstehen (steuerliche Gewinnermittlung durch Bilanzierung vorausgesetzt) Erträge des zu sanierenden Unternehmens aus Forderungsverzicht. Diese Erträge sind grundsätzlich steuerpflichtig. Sie sind jedoch steuerfrei, wenn die Voraussetzungen für einen steuerfreien Sanierungsgewinn bzw. Sanierungsertrag gemäß §§ 3a EStG, 7b GewStG erfüllt sind.

Zentrales Element einer erfolgversprechenden Sanierung ist daher die Darlegung, der Voraussetzungen für einen steuerfreien Sanierungsgewinn bzw. Sanierungsertrag. Zu den Voraussetzungen eines steuerfreien Sanierungsgewinns gehören die Sanierungsbedürftigkeit und die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens, die Sanierungseignung des betrieblich begründeten Schuldenerlasses und die Sanierungsabsicht der Gläubiger.

Sanierungsabsicht der Gläubiger als zentrales originär steuerliches Kriterium für einen steuerfreien Sanierungsgewinn

Während die Voraussetzungen der Sanierungsbedürftigkeit und der Sanierungsfähigkeit des Unternehmens sowie die Sanierungseignung des Schuldenerlasses Parallelen beispielsweise zu der Erstellung von Sanierungsgutachten gemäß dem Standard des Instituts der Wirtschaftsprüfer IDW S6 aufweisen, handelt es sich bei der Voraussetzung der Sanierungsabsicht der Gläubiger um ein originär ertragsteuerliches Kriterium.

Gläubiger muss zumindest auch in der Absicht fremdnütziger Sanierung handeln

Mit Beschluss vom 27.11.2020, X B 63/20, hat der Bundesfinanzhof im Leitsatz 2 bestätigt, dass der Gläubiger zumindest auch mit dem Ziel der Sanierung des schuldnerischen Unternehmens den Schuldenerlass ausgesprochen hat. Ausschließlich eigennützige Motive sind insoweit nicht ausreichend. Ebenso wenig genügt es, wenn das schuldnerische Unternehmen nachweist, dass der Gläubiger an einem objektiv sanierungsgeeigneten Erlassvertrag mitgewirkt hat. Die Sanierung des schuldnerischen Unternehmens muss aus Sicht des Gläubigers zumindest mitentscheidend sein.

Sorgfältige Formulierung von Erlassvergleichen erforderlich

Insbesondere bei der Formulierung von Erlassvergleichen im Einzelfall ist darauf zu achten, dass beispielsweise in der Präambel bzw. den Vorbemerkungen eine Erklärung des Gläubigers dahingehend aufgenommen wird, dass er die Sanierung des schuldnerischen Unternehmens zu fördern beabsichtigt.

Vermutung der Sanierungsabsicht bei erfolgreichem sanierungsorientierten Insolvenzplanverfahren

Vollzieht sich der Forderungsverzicht eines Gläubigers im Rahmen eines sogenannten Gläubiger-Akkords, so wird dagegen die Sanierungsabsicht des Gläubigers vermutet. Dies ist insbesondere bei Forderungsverzichten im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens der Fall, da diese systembedingt die Schulden des Unternehmens als Ganzes einer sanierungsgeeigneten Regelung zuführen müssen.

Von entscheidender Bedeutung ist jedoch, dass der Insolvenzplan auf die Sanierung und Fortführung des Unternehmens ausgerichtet ist. Die frühere Regelung des Sanierungsgewinns durch ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums (sogenannter Sanierungserlass) verwandte hierzu den Begriff des „Sanierungsplans“. Dieser Begriff konnte als Oberbegriff sowohl für Konzepte verstanden werden, die eine Umsetzung über Verzichte im Einzelfall vorsahen, als auch für sanierungsorientierte Insolvenzpläne nach Maßgabe der Insolvenzordnung.

Sieht der Insolvenzplan dagegen nicht die Fortführung des Unternehmens, sondern die Stilllegung oder den Verkauf der Wirtschaftsgüter aus der Gesellschaft heraus (Asset Deal, sog. Übertragende Sanierung) vor, so kann eine Steuerbefreiung von Erträgen aus Forderungsverzicht gemäß der Regelung über den Sanierungsgewinn nicht erreicht werden.

Problematisch ist eine Kombination dahingehend, dass Teile des Unternehmens fortgeführt werden, während andere Teile des Unternehmens stillgelegt oder an Dritte veräußert werden.

Problematisch ist auch der Fall, dass einzelne Gläubiger dem Insolvenzplan nicht zustimmen, sondern deren Zustimmung nach Maßgabe der Insolvenzordnung durch eine Entscheidung des Gerichts ersetzt wird. Denn auch in diesen Fällen kann nicht eindeutig belegt werden, dass der Ertrag aus Forderungsverzicht eines solchen opponierenden Gläubigers in Sanierungsabsicht geschehen ist.

Weitere Voraussetzung: Betrieblich begründete er Schuldenerlass

Eine weitere zentrale Voraussetzung für das Vorliegen eines steuerfreien Sanierungsgewinns ist, dass der Schuldenerlass betrieblich begründet ist. Diese Voraussetzung ist bei Forderungsverzichten durch Gesellschafter von besonderer Bedeutung. Hier sind insbesondere die Auswirkungen eines gesetzlichen Nachrangs der Gesellschafter-Forderung gemäß § 39 InsO sowie eines (qualifizierten) Rangrücktritts zu prüfen.

Verfahrensrechtliche Absicherung über das Rechtsinstitut der verbindlichen Auskunft

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist in jedem Fall zu erwägen, ob der steuerfreie Sanierungsgewinn über eine verbindliche Auskunft seitens des Finanzamts abgesichert werden kann. Voraussetzung ist insoweit das Vorliegen eines Rechtsproblems. Insbesondere bei Einzelfallverzichten ist es naheliegend, von einem solchen Rechtsproblem dahingehend auszugehen, dass unsicher ist, ob die Einzelfallverzichte die Voraussetzungen für einen Gläubiger-Akkord erfüllen und damit eine Vermutung für eine Sanierungsabsicht der verzichtenden Gläubiger begründen.

Über den Autor

Partner, Rechtsanwalt, Steuerberater Martin Rekers LL.M. Eur. LL.M. Steuern

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