Unternehmenskrise: Wie sag ich’s meiner Bank?

Viele Unternehmen und Unternehmer, die in eine wirtschaftliche Krise geraten sind, unterschätzen die Anforderungen an einen zielorientierten Umgang mit ihren Fremdfinanzierern. Mit der Art und Weise der Herangehensweise und Behandlung seitens des kreditnehmenden Unternehmens steht und fällt zumeist das Verhalten der Bank. Ich möchte Ihnen in diesem Beitrag aus meiner langjährigen Erfahrung als Sanierungsberater im Umgang mit Banken in der Unternehmenskrise berichten.

Die Rolle der Banken

Der weit überwiegende Teil mittelständischer Unternehmen in Deutschland wird traditionell über Banken finanziert. Und die meisten Unternehmen pflegen einen offenen, kommunikativen und professionellen Umgang mit ihren Fremdfinanzierern. Die Banken revanchieren sich in aller Regel mit einer fairen Geschäftspartnerschaft – so jedenfalls in guten Zeiten.

Der Bankier und sein Regenschirm

Mark Twain wird mit dem Satz zitiert, ein Bankier sei ein Mensch, der seinen Schirm verleiht, wenn die Sonne scheint, und ihn sofort zurückhaben will, wenn es zu regnen beginnt. Das mag im Einzelfall durchaus zutreffen, ist aber in der Praxis keineswegs die Regel.

Die Stundung am Telefon ist vorbei

Allerdings ist auch nicht mehr an die etwas klischeehaft verklärten Zeiten zu denken, in denen der Unternehmer seinen im Idealfall noch befreundeten Bankenvorstand anruft, um am Telefon auf bloßen Zuruf eine Stundung, Prolongation, Überziehung oder gar Kreditaufstockung zu erhalten. Diese seligen Zeiten sind, wenn es sie denn jemals wirklich gab, längst vorbei. Schon die zunehmende Regulierungswut im Bankensektor machte dies unmöglich. Mit den Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) und anderen regulatorischen Handlungsvorgaben und Beschränkungen legt die Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) den Finanzinstituten zunehmend Fußfesseln an. Dies muss man wissen und bedenken, bevor man sich über ein möglicherweise sehr restriktives Verhalten seiner Hausbank wundert oder ärgert.

Von Markt zur Marktfolge

Das krisenbefangene Unternehmen muss lernen, mit anderen Ansprechpartnern in der Bank zu leben. Abhängig vom Krisenstadium und von der Organisation innerhalb der Bank wechselt die Zuständigkeit von der stets freundlichen, vertriebsorientierten Abteilung Markt in die Marktfolge. Dort geht es je nach Grad der Krise um die Behandlung von Sonderkrediten – Sanierung – Abwicklung. Hier geht es in erster Linie um Schadensvermeidung bzw. -minimierung, sei es durch eine Sanierungsbegleitung oder ein Exit-Szenario.

Sprechen oder Abducken?

Genetisch verankert im deutschen Unternehmer ist die Bereitschaft und das persönliche Ziel, eine – häufig durch Managementfehler selbst verursachte Krise – auch selbst wieder beseitigen zu können und zu wollen. In dieser Phase will er vor allem in Ruhe gelassen werden und duckt sich weg. Deshalb ist es aus Bankensicht höchst verdächtig, wenn das Unternehmen das regelmäßige Reporting einstellt oder verzögert und wenn Zahlen zurückgehalten oder geschönt werden.

Dies erzeugt Misstrauen und zerstört Vertrauen. Und wenn jetzt noch ein Zuständigkeitswechsel in der Marktfolge stattfindet und damit ein neuer, bislang unbeteiligter und nicht durch die Erfahrungen eines langjährigen Engagements geprägter Work-Out-Banker sich dieses Kreditnehmers annimmt, sind die Startbedingungen denkbar ungünstig.

Daraus den Schluss zu ziehen, auch oder gerade in der Krise besonders sorgfältig und zeitnah zu berichten, wäre allerdings verfrüht. Denn leider kommt es immer wieder vor, dass der Unternehmer durch schonungslos offene Kommunikation seiner kritischen Situation bei der Bank „schlafende Hunde weckt“ und – statt eines zielführenden Gesprächs oder im Vorfeld eines solchen – vorsorglich mal die Linie eingefroren oder gar Kündigungsmaßnahmen vorbereitet bzw. eingeleitet werden.

Es werden Fakten geschaffen, die in dieser Situation jedenfalls nicht bei einer Sanierung helfen, sondern eher den endgültigen Todesstoß versetzen können. Deshalb ist die Bankenkommunikation in der Krise ein hochsensibles Thema und stets vom Einzelfall abhängig.

Der erste Aufschlag muss sitzen

Wenn die Zeit gekommen ist, die Bank ins Vertrauen zu ziehen, um mit ihr eine partnerschaftliche Lösung anzustreben, sollte ein solches Gespräch gut und im Idealfall mit professioneller Unterstützung vorbereitet werden. Verloren gegangenes Vertrauen, das die Banken in diesem Moment – sei es berechtigt oder unberechtigt – immer wieder ins Feld führen, kann nur zurückgewonnen werden, wenn die vorbereiteten Zahlen und Berechnungen vollständig und korrekt sind. Diese sollten immer auf einer mehrmonatigen, idealerweise 12-monatigen integrierten Planung basieren, die Liquidität, Gewinn- und Verlustrechnung und Bilanz in planerischer Abhängigkeit voneinander abbildet. Auch muss sich aus dieser Darstellung ergeben, welcher konkrete Beitrag von der Bank erwartet wird, um – ggfs. im Verbund mit weiteren Sanierungsbeiträgen – über den Berg zu kommen.

Sicherheiten und Drohgebärden

Zu einer guten Vorbereitung einer Bankenrunde gehört auch zwingend, sich ein genaues und verlässliches Bild über das jeweilige Bankenengagement zu verschaffen. Unerlässlich ist dabei die rechtliche Bewertung und Bepreisung der gegebenen Sicherheiten. Denn mit einer ungesicherten sogenannten„Blanko-Bank“ ist strategisch anders zu verhandeln als mit einem „bis unters Dach“ besicherten Institut ohne jegliches Ausfallrisiko.

Unabhängig von dieser Einschätzung ist allerdings stets davon abzuraten, im Erstgespräch der Bank „die Pistole auf die Brust zu setzen“ und ihr mit nächsten Schritten bis hin zum Insolvenzantrag zu drohen, wenn sie sich denn dem erbetenen Bankenbeitrag verweigern sollte. Zielführender ist es, die Bank anhand verschiedener Szenario-Rechnungen selbst zu der Erkenntnis kommen zu lassen, dass der vorgeschlagene Weg für beide Seiten noch der beste ist.

Banken-Vorstand als „ultima ratio“

Scheitern solche Gespräche auf Bearbeiter-Ebene ist vielfach zu beobachten, dass sich der Unternehmer – erst recht wenn mit jenem bekannt – nunmehr direkt an den Vorstand wendet, um sein Anliegen durchzusetzen. Aus Beratersicht sollte von diesem letzten Mittel nur sehr restriktiv und in Ausnahmefällen Gebrauch gemacht werden. Meistens geht dieser Schuss nämlich nach hinten los. Der nicht im Einzelnen involvierte Vorstand wird ohnehin darauf angewiesen sein, den jeweils Zuständigen hinzuzuziehen und zu befragen und wird den Unternehmer in aller Regel auf dessen Zuständigkeit verweisen. Wie das nun folgende Gespräch sodann wieder auf Bearbeiter-Ebene verläuft, kann man sich vorstellen.

Gesellschafterbeitrag

Immer wieder ist zu beobachten, dass Banken in Sanierungssituationen nach Gesellschafterbeiträgen fragen. Dies ist legitim. Denn in der Krise der Gesellschaft ist in erster Linie der Gesellschafter gefragt. Auch darauf sollte der Unternehmer vorbereitet und dazu aussagefähig sein. Dem Begehren der Bank kann mit dem Hinweis darauf begegnet werden, zu finanziellen Beiträgen schlicht nicht (mehr) in der Lage zu sein oder in der (jüngeren) Vergangenheit bereits Eigenmittel zugeführt zu haben. Manchmal ist es auch mit einem Commitment zum Unternehmen und über die Dauer der Sanierung getan, verbunden mit einem teilweisen Gehaltsverzicht und einem Entnahme- bzw. Ausschüttungsverbot während der künftigen Laufzeit des Kreditengagements.

Vorsicht bei Nachbesicherung

Skeptisch ist es zu sehen, wenn die Bank lediglich zusagt, gegen entsprechende Nachbesicherung ihr Engagement aufrechtzuerhalten, also nicht zu kündigen. Damit allein ist dem Unternehmen in der Regel nicht geholfen, und mit der Hergabe freier Sicherheiten ohne Gegenleistung in cash verbaut sich das Unternehmen die Möglichkeit einer anderweitigen Mittelbeschaffung. Zudem birgt die Nachbesicherung eines bestehenden Engagements im Falle einer später doch eintretenden Insolvenz für die Bank ein erhebliches Anfechtungsrisiko.

Vorsicht bei Treuhandlösungen

Eine nicht mehr so häufig wie vor einigen Jahren, aber immer noch vorkommende Forderung von Banken ist es, die Zustimmung von Sanierungsbeiträgen und die Begleitung der Sanierungsphase davon abhängig zu machen, dass die Unternehmensanteile treuhänderisch auf einen Dritten übertragen werden, der dann auch in der Regel den Sanierungsprozess begleiten, steuern oder federführend leiten soll.

Wenn die Treuhandvereinbarung so gestrickt ist, dass die Anteile nach erfolgter Sanierung rückübertragen werden, kann dies ein Weg sein. Aber die meisten Treuhandlösungen beinhalten auch ein unbedingtes Recht auf Verwertung der treuhänderisch gehaltenen Anteile. In diesem Fall trennt sich der Unternehmer eigentlich schon mit Eingehen des Treuhandverhältnisses von seinem Unternehmen.

Dann sollte er lieber andere Wege der Sanierung erwägen, die ihm wenigstens die Chance auf Erhalt seines Unternehmens lassen. Beispielhaft seien ein Insolvenzplanverfahren in Eigenverwaltung (ESUG) oder ein strukturiertes Restrukturierungsverfahren (StaRUG) genannt.

IDW S6-Gutachten versus Sanierungsmoderation

Je nach angestrebtem Sanierungsbeitrag ist es für die Bank regulatorisch unerlässlich, sich von den Erfolgsaussichten eines Sanierungskonzeptes zu überzeugen. In der Regel verlangt die Bank dafür ein Sanierungsgutachten eines unbeteiligten, sanierungskompetenten Dritten nach IDW-Standard oder jedenfalls in Anlehnung an diesen. Wenn davon der Sanierungsbeitrag der Bank abhängt, kann man sich dem kaum verschließen, auch wenn die Fertigung eines solchen Gutachtens zumeist nicht unerheblich Zeit und Geld kostet.

Mit der Sanierungsmoderation (§§ 94 ff. StaRUG) hat der Gesetzgeber ein neues Instrument geschaffen, mit dessen Hilfe die Prozedur eines IDW S6-Gutachtens gegebenenfalls vermieden werden kann. Wird im Rahmen eines solchen, von einem unabhängigen Moderator begleiteten, sehr kurzen und kostengünstigen Prozesses ein Sanierungsvergleich geschlossen und wird dieser anschließend vom Restrukturierungsgericht bestätigt, so ist dieser für den Fall einer doch später eintretenden Insolvenz vor Anfechtung durch den Verwalter geschützt. Dies sichert die Bank noch besser ab als ein IDW S6-Gutachten.

Conclusio

Während der Unternehmer in allererster Linie und vorrangig den Erhalt seines Unternehmens im Auge hat, hat der Banker ausschließlich den Interessen seines Arbeitgebers, der Bank, zu dienen. Dies führt in der Unternehmenskrise häufig zu einem Interessenkonflikt. Um eine Bank für die Begleitung eines Sanierungsprozesses zu gewinnen, muss sie daher mitgenommen und davon überzeugt werden, dass der angestrebte  Weg für alle Beteiligte von vielen Kompromisslösungen immer noch der beste Weg ist.

Über den Autor

Geschäftsführer, Partner, Rechtsanwalt Dr. Utz Brömmekamp

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