Sowohl Aktionäre als auch Anleihegläubiger der Wirecard AG sehen sich enormen Verlusten ausgesetzt. Zum derzeitigen Zeitpunkt steht noch nicht fest, ob das Unternehmen liquidiert wird oder aber fortbestehen kann. Sowohl den Anleihegläubigern als auch den Aktionären stellen sich die Fragen, ob sie Forderungen im Insolvenzverfahren haben, wie hoch diese sein werden und ob sie Ansprüche gegen nicht insolvente Anspruchsgegner haben und diese durchsetzen können.

Was können Aktionäre tun?

Derzeit wird diskutiert, ob Aktionäre Ansprüche gegen die (ehemaligen) Vorstände sowie Aufsichtsräte und gegen den testierenden Wirtschaftsprüfer durchsetzen können.

Eine Haftung der Wirtschaftsprüfer kommt grundsätzlich in Betracht, wenn die Bilanzen fehlerhaft sind und damit nicht hätten testiert werden dürfen. Ein solcher Verdacht liegt hier nahe.

Im Fall Wirecard existiert bereits ein Bericht des eingesetzten Sonderprüfers, der Ungereimtheiten nahelegt. In dem 74 seitigen langen Bericht (der uns vorliegt) heißt es, dass die für die Sonderprüfung erforderlichen Unterlagen nicht vollständig vorgelegt wurden. In dem Bericht heißt es u.a.: „Entsprechende Unterlagen bzw. Verträge wurden uns bis zum Abschluss unserer Untersuchung nicht zur Verfügung gestellt.“ Feststellend heißt es weiter: „KPMG war daher nicht in der Lage, die eigene Einstufung der Wirecard als Prinzipal und damit als vorgenommene „Bruttobilanzierung“ der Umsatzerlöse vollständig nachzuvollziehen.“

Eine Haftung der (ehemaligen) Vorstandsmitglieder sowie der Aufsichtsratsmitglieder ist, soweit diese nicht erst vor kurzem eingesetzt wurden, ebenfalls denkbar. Ein von FINANCE zitiertes Statement der testierenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaft lautet: „Es gibt deutliche Hinweise, dass es sich um einen umfassenden Betrug handelt, an dem mehrere Parteien rund um die Welt und in verschiedenen Institutionen mit gezielter Täuschungsabsicht beteiligt waren.“

Dass Vorstände den Aktionären gegenüber nach § 826 BGB haften, hat der BGH bereits rechtskräftig entschieden.

Die Aktionäre sollten keinesfalls ihre Ansprüche abschreiben. Allerdings werden sie nur dann ihre Verluste ausgleichen können, wenn sie jeweils tätig werden, da ein noch einzusetzender Insolvenzverwalter die Ansprüche nicht geltend machen wird.

Erhalten Anleger eine Quote im Insolvenzverfahren?

Mit der Insolvenzantragsstellung stellt sich zugleich immer die Frage, ob Investoren auf eine nennenswerte Quote hoffen können oder nicht. Soweit es die Aktionäre betrifft, stellen ihre Forderung grundsätzlich sogenannte nachrangige Forderungen im Insolvenzverfahren dar. Erst nachdem alle nicht nachrangigen Gläubiger vollständig befriedigt sind, erhalten nachrangige Gläubiger eine Quote im Insolvenzverfahren.

Kann jedoch nachgewiesen werden, dass die Kapitalgeber einem Betrug aufgesessen sind, bestehen ggf. auch deliktische Forderungen, sodass eine einfache zur Insolvenztabelle anzumeldende Forderung besteht.

Welche Rechte haben die Anleihegläubiger?

Anleger der Wirecard-Anleihe werden ihre Forderungen ebenfalls zur Tabelle anmelden können. Neben der Haftung des Wirtschaftsprüfers, der (ehemaligen) Vorstände sowie der Aufsichtsräte, wird auch die Haftung der Rating-Agentur geprüft werden müssen.

Zudem wird das Insolvenzgericht nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Gläubigerversammlung allein für die Anleihegläubiger nach § 19 Schuldverschreibungsgesetz in Verbindung mit der Insolvenzordnung einberufen müssen. Im Rahmen dieser Versammlung werden die Anleihegläubiger darüber entscheiden müssen, ob und ggf. wer ihre Interessen im Insolvenzverfahren vertritt.

Zum Hintergrund

Nachdem der Vorstand am 25.06.2020 die Stellung eines Insolvenzantrages wegen drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung angekündigt hatte, folgte die Antragstellung noch am selben Tage beim Insolvenzgericht (Amtsgericht) München. Ein vorläufiger Insolvenzverwalter wurde bislang noch nicht eingesetzt, stattdessen hat das Insolvenzgericht einen Sachverständigen mit der Begutachtung beauftragt, was in solchen Fällen nicht unüblich ist. Mit einer zeitnahen Einsetzung eines vorläufigen Insolvenzverwalters ist zu rechnen.

Für die Wirecard Bank AG, eine Tochtergesellschaft der insolventen Wirecard AG, wurde von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ein Sonderbeauftragte eingesetzt. Ob die Wirecard Bank AG sich weiter am Markt behaupten kann oder ggf. abgewickelt wird, ist zum derzeitigen Zeitpunkt noch ungewiss.

Seit einem Bericht der Financial Times (FT) im Jahr 2016 wurde über die Wirecard AG immer wieder berichtet. Als die Financial Times am 30.01.2019 über kriminelle Vorgänge in Singapur berichtete, brach der Kurs ein. Schließlich wurde ein sogenannter Sonderprüfer (KPMG) eingesetzt, der Ende April 2020 erklärte, dass Daten zum Drittlizenz-Geschäft fehlten. Am 18.06.2020 verweigerte der beauftrage Wirtschaftsprüfer E&Y endgültig das Testat. In den Jahren zuvor wurden von derselben Gesellschaft immer uneingeschränkte Testate erteilt.

Am 29.06.2020 berichtete das Handelsblatt, das der Treuhänder auf eine Anfrage des Wirtschaftsprüfers mittgeteilt haben soll: „Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass dies nicht mein Schreiben und der Briefkopf unserer Firma ist. Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass wir solche Guthaben nicht halten, noch dies bestätigt haben.

Auch die Staatsanwaltschaft ermittelt bereits wegen Bilanzbetrugs und Marktmanipulation und hatte unter anderem gegen einzelne (ehemalige) Vorstände Haftbefehle erlassen. Den Ermittlungen ging eine Anzeige der BaFin voraus.

Gerne beraten wir Sie bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche.

Setzen Sie sich gerne mit uns per E-Mail ed.pm1713524872akemm1713524872eorb-1713524872kilah1713524872cub@n1713524872egaln1713524872alati1713524872pak1713524872 , per Telefon 0211 828977-200 oder postalisch: Buchalik Brömmekamp Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Prinzenallee 15, 40549 Düsseldorf, in Verbindung.

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Sascha Borowski
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