Neues Sanierungsverfahren – Punkteabzug für Vereine der Fußball-Ligen vermeidbar

Zum 01.01.2021 erfolgte der Anstoß zu einem neuen Sanierungsinstrument – das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, kurz StaRUG.

Das neue Verfahren wird attraktiv sein für Schuldner, die Handlungsbedarf erkannt haben, aber noch nicht insolvenzreif sind.

Ein sicherer Nutznießer sind Fußballvereine der 1. Bundesliga bis zur Herren-Regionalliga, die (rechtzeitig) einen Sanierungsbedarf erkannt haben: Bei einem eigenen Insolvenzantrag drohen Abzüge von bis zu neun Punkten. Das entfällt bei einer Sanierung nach dem StaRUG.

 Bislang: Außergerichtliche Verhandlungen oder Insolvenz mit Punkteabzug

Bisher gab es nur die Möglichkeit, außergerichtlich mit den Gläubigern zu verhandeln oder das förmliche Insolvenzverfahren zu beantragen.

  • Die erste Möglichkeit, die außergerichtliche Verhandlung, ist flexibel, sie muss nicht alle Gläubiger betreffen (nur die, deren Ansprüche betroffen sind) und kann geräuschlos erfolgen, wenn die Beteiligten stillhalten. Dafür aber gibt es kein Mittel, unwillige Gläubiger zu Verzichten etc. zu zwingen. Eine Minderheit von opponierenden Gläubigern kann ein erfolgreiches Sanierungskonzept torpedieren.
  • Die zweite Möglichkeit, das förmliche Insolvenzverfahren, wird gerade von Fußball-Vereinen bis hinab in die Herren-Regionalligen, wenn irgend möglich, gemieden. Denn selbst bei Anordnung der Eigenverwaltung, bei der der Vereinsvorstand weitgehend „Herr im Hause“ bleibt und nur der Aufsicht eines vom Gericht bestellten Sachwalters unterliegt, sind die Folgen gravierend: Schon das Eröffnungsverfahren zieht Aufmerksamkeit auf sich. Mit dem eigenen Antrag auf Eröffnung drohen von der Herren-Regionalliga aufwärts gravierende Punkteabzüge (bis zu 9 Punkte). Das sehen die Lizenzierungsbedingungen der 1. und 2. Bundesliga sowie die DFB-Spielregeln für die übrigen Ligen vor.

In zahlreichen Verträgen für wichtige Spieler sind für den Fall der Insolvenz zudem Kündigungs- und andere Beendigungsrechte vereinbart.

Eine Sanierung unter Insolvenzschutz ist daher sehr schwierig.

 Neu: Sanierung in geregeltem Verfahren ohne Insolvenz

In den Bereich zwischen diese beiden Möglichkeiten schiebt sich jetzt das neue StaRUG-Verfahren – mit attraktiven Lösungen für den betroffenen Liga-Verein.

  • Das neue Verfahren kann in großem Umfang durchgeführt werden, ohne dass ein Gericht oder eine von diesem eingesetzte Person beteiligt sind.
  • Es müssen nicht alle Gläubiger beteiligt werden, sondern die Regelungen können nur einzelne Gläubiger bzw. Gläubigergruppen betreffen.
  • Es gibt keinen Punkteabzug, denn es handelt sich eben nicht um ein Insolvenzverfahren.
  • Auch insolvenzbedingte Kündigungen werden vermieden.
  • Der Antrag auf das neue Verfahren und seine Durchführung sind freiwillig; es besteht keine Antragspflicht.

 Voraussetzung: Keine Insolvenzreife

Nicht jeder Verein kann das neue Verfahren in Anspruch nehmen. Denn er darf noch nicht insolvenzreif sein. Ist der Club erst einmal zahlungsunfähig, führt am Insolvenzverfahren kein Schritt mehr vorbei.

Wenn die Zahlungsunfähigkeit aber nur absehbar droht – in einem Zeitfenster von 12 bis 24 Monaten –ist der Weg für das Restrukturierungsverfahren offen.

Das erfordert für die Vereine und ihre Verantwortlichen aber auch eine entsprechende Beobachtung der Finanzlage.

 Zahlreiche Spielvarianten: die einzelnen Sanierungsmaßnahmen

Das Sanierungsverfahren nach dem StaRUG sieht zahlreiche Maßnahmen vor, um die Sanierung durchzuführen.

Sanierungsplan

Herzstück der Maßnahmen nach dem StaRUG ist der Restrukturierungsplan. Dies wird das am meisten genutzte Instrument der Schuldner sein.

  • Der Restrukturierungsplan lehnt sich an den schon aus dem Insolvenzverfahren bekannten Insolvenzplan an. In diesem Plan wird die Situation des Vereins dargestellt und es werden die Maßnahmen getroffen, die die einbezogenen Gläubiger betreffen und über die sie abstimmen.
  • Der Verein kann den Plan selbst erstellen und zur Abstimmung vorlegen. Ein Gericht wird erst zwingend tätig, wenn es um die Bestätigung des Plans geht. Im Ergebnis ist diese Bestätigung das Siegel, das bescheinigt: Diese Regelungen sind auf gesetzmäßige Weise zustande gekommen und für die Parteien bindend.
  • In dem Plan können auch der Austausch und der Neueintritt von Gesellschaftern geregelt werden, z.B. von neuen Investoren.
  • Der wichtigste Vorteil gegenüber außergerichtlichen Sanierungsverhandlungen liegt darin, dass opponierende Gläubiger überstimmt werden können. Durch eine vorausschauende Auswahl der beteiligten Gläubiger und ihre Einordnung in Gläubigergruppen können daher solche Gläubiger überstimmt werden, die sich gegen eine Sanierung sperren.

Moderation

Der Verein kann noch vor der Vorlage eines Plans einen sog. Sanierungsmoderator einschalten. Das ist eine vom Gericht bestellte Person, die zwischen dem Verein und den Gläubigern auslotet, welche Maßnahmen zur Sanierung getroffen werden können. U.U. können dabei auch Gläubiger für eine Sanierung gewonnen werden, die ihr bislang skeptisch gegenüberstehen. Die Einsetzung des Moderators wird nicht öffentlich bekannt gemacht.

Stabilisierungsmaßnahmen

Die Vorlage des Plans und die Abstimmung kosten Zeit. Währenddessen sind die Beteiligten nicht gehindert, Maßnahmen zu treffen, die die Sanierung vereiteln können. Um das zu vermeiden, können durch Antrag an das Gericht auch Stabilisierungsmaßnahmen getroffen werden. Es können z.B.

  • Vollstreckungsmaßnahmen oder
  • Verwertungsmaßnahmen zeitweise ausgesetzt werden.

Das kann z.B. bei Verhandlungen mit dem Stadionpächter von Bedeutung sein.

Eine Dauerlösung ist das jedoch nicht: In der Regel sind die Maßnahmen auf drei Monate begrenzt. Außerdem wird für diesen Fall zwingend vom Gericht ein sog. Restrukturierungsberater eingesetzt, der als Aufsichtsperson das Verfahren überwacht – und dieser muss gesondert bezahlt werden.

 Nicht möglich: Vertragsbeendigungen

Ein dauerhafter Eingriff in laufende Verträge ist hingegen nicht möglich. Anders als im Insolvenzverfahren können daher für den Verein ungünstige Verträge nicht beendet oder mit kürzerer Frist gekündigt werden, das gilt z.B. auch für den oben angesprochenen Stadionpachtvertrag.

Fazit:

Eine Insolvenz mit hohem Punkteabzug kann auch in schwieriger wirtschaftlicher Lage oft vermieden werden: Haben Fußballclubs die drohende Schieflage rechtzeitig erkannt, kann die Partie durch rechtzeitige Maßnahmen nach dem neuen Sanierungsrecht noch gedreht werden.

Über den Autor

Rechtsanwalt Karsten Dumrath

Pressemitteilungen

Veranstaltungen

Newsletter

Bücher

Studien & Leitfäden

Videos